Ansteckungsgefahr durch Euro-Krise – Stimmungsmache
Die ersten Wortgefechte zwischen Deutschland und Großbritannien wechseln über den Ärmelkanal, ganz zum Ärger Sarkozys auch über die Köpfe der Franzosen. „Ansteckungsgefahren der Länder“ stehen wieder im Mittelpunkt der Diskussionen. Nur wird ausnahmsweise ein Erkranken des britischen Pfunds befürchtet.
Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat mit seiner Ansprache auf dem CDU-Parteitag in Leipzig den britischen Medien und Politikern eine Steilvorlage geschickt. Prompt wurde von der Insel geantwortet und die Betroffenheit unmißverständlich „very British“ zum Ausdruck gebracht. Jetzt fährt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schweres Geschütz aus und versetzt mit seiner Vision über den Untergang des britischen Pfunds, die Bevölkerung in Angst und Schrecken.
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EU-Spaltung nicht ausgeschlossen
Ein solches Szenario könnte man sich vorstellen wenn man die Ausgabe von Welt-Online zu Gesicht bekommt.
Welt.de titelte „Schäuble sagt das Ende des britischen Pfunds voraus“ und begründe dies mit dem Übergreifen der Euro-Krise auf die britische Währung. Das „Getöse“ zur Einleitung verhallt sehr schnell mit der einfachen Kritik Schäubles an den britischen Premierminister David Cameron. Dieser habe die 17 Euro-Länder mehrfach gedrängt, die Schuldenkrise in den Griff zu bekommen. Eine Spaltung Europas in eine EU der 27 und die Euro-Zone wäre nicht mehr ausgeschlossen. Völlig sinnfrei, ganz nach Merkel, konterte Wolfgang Schäuble jedoch, dass es das Recht Großbritanniens sei, vorläufig nicht der Euro-Zone anzugehören, dennoch würden „wir das auch respektieren“, die 17 Euro-Länder benötigten zur Stabilisierung der Währung aber Regelungen.
Plötzlich ganz im Einklang Schäubles forderte auch Cameron „Regelungen“, weil aus der Euro-Krise eine Ansteckungsgefahr hervorginge, die auch für das britische Pfund gefährlich werden könnte. Daraufhin erkennt Schäuble sogar die pure Logik, denn „es ist insofern kein Gegensatz…wir müssen in der Euro-Zone unsere Währung stabil halten“.
Wenn das kein „verbaler Eiertanz“ ist. Aber damit noch lange nicht genug! Schäuble visioniert wiederholt:
„Je besser dies gelinge (Stabilität erreichen), umso schneller werden andere, die noch nicht zur Euro-Zone gehören, von den Vorteilen dieser gemeinsamen Währung überzeugen. Eines Tages werde ganz Europa eine Währung haben und es ginge vielleicht schneller, als mancher heute auf der britischen Insel glaubt“.
Nach den Reaktionen Großbritanniens kommt man sehr schnell zu der Überzeugung, die wirkliche Bedrohung wird nicht in einer Ansteckungsgefahr durch den Euro gesehen, sondern mit der Drohung diesen auf der Insel einzuführen. Vielleicht ließe sich dadurch auch erklären, warum britische Banken ihre Kreditvergabe an Euro-Länder drastisch zurücknahmen. Innerhalb drei Monaten verringerten die vier größten Banken Großbritanniens die Kredite u.a. an Spanien und Griechenland um rund ein Viertel. Italien verlor sogar das Vertrauen von Lloyds, RBS, HSBC und Barclays. Diese zogen sich ebenfalls im großen Stil zurück.
Die Strategie Großbritanniens könnte aufgehen. „Austrocknen, bevor der Virus übergreifen kann“.
Finanztransaktionssteuer
Wolfgang Schäuble aber gibt nicht auf und bringt wiederum das Thema Finanztransaktionssteuer auf den Tisch. Cameron lehnt diese Pläne strikt ab, da er Nachteile für seine Finanzindustrie befürchte. Wolfgang Schäuble sieht jedoch die Finanztransaktionssteuer als richtig und notwendig. Ein Teil der sehr hohen Kosten könnten bewältigt und eine Ansteckungsgefahr sogar abgewendet werden. Schäuble untermauert seine These: „Es gebe überall für alle Güter und Dienstleistungen eine Umsatzsteuer. Nur Finanzdienstleistungen seien davon ausgenommen. Und ich kann nicht erkennen, warum das so sein soll“.
– Grob geschätzt 90% der deutschen Bevölkerung würden der gleichen Meinung sein wie Wolfgang Schäuble und ihn unterstützen. Er hat einfach recht. Wenn Finanzdienstleistungen völlig ohne Besteuerung davonkommen, dann sollte dies für Güter und normale Dienstleistungen ebenfalls gelten! Keiner kann erkennen, warum das nicht so sein soll.
Ein paar Randdaten zu Großbritannien:
Großbritannien ist bereits mit mehr als 1.000 Milliarden Pfund hoch verschuldet. Das entspricht mehr als 76 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Im zweiten Quartal 2011 ist die britische Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahreszeitraum um nur 0,2 Prozent gestiegen, nachdem im Quartal I die Wirtschaftsleistung noch um 0,5 Prozent gewachsen ist. Das Jahr 2010 schloß Großbritannien mit einem Defizit von über 10 Prozent ab. Die Ratingagenturen haben schon im Sommer damit gedroht, Großbritannien das „AAA“ abzuerkennen und schlechtere Bonitätsnoten machen das Überleben eines Landes nicht gerade einfacher. Und das alles gänzlich ohne den Euro im eigenen Hause zu haben.