Deutscher Export & Auslandsvermögen – Wo verbleibt das Geld?

Globale Wirtschaft


Die deutsche Wirtschaft brummt seit Jahrzehnten und mit ihnen auch die von den produktiven Arbeitnehmern erwirtschafteten Handelsbilanzüberschüsse. An welchen Stellen außer den definierten Auslandsvermögen können die Zugewinne abgelesen werden, wo ist eigentlich das Geld verblieben?

„Export-Wut“ – Was bleibt den Leistungserbringern?

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Exportüberschüsse am 'Versickern'?

In regelmäßigen Abständen veröffentlicht die Statistikeinrichtung Destatis die Daten zur Außenhandelsbilanz der deutschen Wirtschaft. Schon traditionell weisen die exportierenden Unternehmen Jahr für Jahr gegenüber den Einfuhren ins Bundesgebiet einen enormen Überschuss auf. Dreistellige Milliardenbeträge (das erste Mal im Jahr 2002) zählen bereits zur Selbstverständlichkeit und ein weiteres Übertrumpfen des Rekords des Handelsbilanzüberschusses im Vorjahr wird von zahlreichen Ökonomen und einschlägigen Medien zumeist als ein satter Erfolg gefeiert.
„Die Export-Wirtschaft brummt“, so der Tenor, und schließlich komme eine florierende Wirtschaft einem jeden „Bundesbürger“ zugute. „Wohlstand für alle“, so die begleitenden Worthülsen von Aufmerksamkeitsdefiziten geplagten Politikern.

Der Begriff Exportüberschüsse der deutschen Wirtschaft ist äußerst abstrakt und lässt nur zu leicht vergessen, wer hinter dieser enormen Leistung überhaupt steckt. Es sind die produktiven Arbeitnehmer sowie die Beschäftigten im Dienstleistungssektor. Ein jeder Arbeiter, eine jede Arbeiterin, Angestellter und Angestellte.

Goldbestand Bundesbank
Goldbestand 1950-2014 (klicken für .pdf)

Die Zuwächse bei der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), Bank of England (BoE), Band of Canada (BoC), Banque de France (BdF), Schweizer Notenbank (SNB) und Bundesbank auf Papier festgehaltenen Goldbestände der Deutschen Bundesbank stagnierten mit dem Jahr 1971 schlagartig, um in den folgenden Jahren endgültig zum Erliegen zu kommen. Im Jahr 1971 kehrten die USA einseitig dem einst selbst initiierten Bretton-Woods-Abkommen kurzerhand den Rücken. Im Jahr 1973 brach das Abkommen final zusammen. Der plötzliche Ausstieg aus der (teilweise) Golddeckung des US-Dollars sorgte international für – gelinde ausgedrückt – Überraschung. Die US-Wirtschaft ist seit den 1970er-Jahren nicht mehr aus dem jährlichen Defizit herausgekommen.

Goldrückholung Frankreichs klappte reibungslos

Übrigens, im Vergleich zum hakeligen Dahinschipperns der (offiziell) abberufenen Goldbestände der Deutschen Bundesbank wurde die Heimolung der Goldbestände Frankreichs in Windeseile vollzogen.

Bis zum Vertragsausstieg aus dem Bretton-Woods-Abkommen seitens der USA, wurden die Handelsbilanzüberschüsse der deutschen Wirtschaft buchstäblich in Gold aufgewogen. Seit 1971 war im Prinzip Schluss damit. Somit müssten eigentlich die Überschüsse der darauf folgenden Jahre irgendwo an anderer Stelle auftauchen, wenn auch nur auf Papier. Zumindest öffentlich einsehbar und nachvollziehbar. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Bundesbank, auf diese geschriebenen Zahlen zurückgreifen zu können.

aussenhandelsbilanz
Außenhandel 1950-2017

Die Angaben von Destatis (Quelle) verraten, dass sich sämtliche zwischen den Jahren 1971 und 2017 angelaufenen Handelsbilanzüberschüsse der deutschen Wirtschaft auf sage und schreibe 4.029 Milliarden, bzw. 4,029 Billionen Euro aufsummieren. Die Bundesbank bilanzierte das Auslandsvermögen der Bundesrepublik (Forderungen gegenüber dem Ausland) zum Stand Ende 2016 bei 8,215 Billionen Euro. Demgegenüber standen Verbindlichkeiten gegenüber das Ausland in Höhe von 6,506 Billionen Euro.

Bestände bei Bundesbank ernüchternd

Der Blick in die angefallenen Währungs- und Goldreserven der Deutschen Bundesbank brachte dagegen pure Ernüchterung (folgend aufgezeigt).

Die Exportüberschüsse der deutschen Wirtschaft sind die (vermeintlichen) Schulden der importierenden Länder. In den Statistiken tauchen die angeschriebenen Beträge immer wieder euphemistisch als „Auslandsvermögen“ auf. Letztendlich liegt es auf der Hand, dass der Tausch der deutschen Exportüberschüsse in US-Dollar, auf welcher Papierbasis auch immer, aufgrund der Wechselkursverluste einen immensen Schaden mit sich trägt. So wies z.B. im Jahr 2015 das IMK nach, dass die von der deutschen Wirtschaft angehäuften Auslandsvermögen binnen 10 Jahren um 20 Prozent an Wert verlieren.

Beim Durchwursteln durch den Berg der zu Papier (Webseiten) gebrachten Beschlüsse, Vereinbarungen und Gesetze seitens der Bundesregierung und ihren „Verhandlungspartnern“ zum Thema „Gelber Schein„, fiel mir eine Passage besonders ins Auge.

Überleitungsvertrag offenbart „Seltsames“

Die Bundesregierung und die Drei Mächte vereinbarten am 28./29. September 1990 das Festhalten an einigen Vorschriften des sog. Überleitungsvertrages von 1954 (in Kraft getreten im Jahr 1955). Diese „Vereinbarung“ wurde am 08. Oktober 1990 in „Kupfer gemeißelt“ und per BGBL Teil II, S.1386 am 09. November 1990 veröffentlicht. Zur Erinnerung: Der 2+4-Vertrag wurde von der Bundesregierung am 12. September 1990 unterschrieben und am 13.10.1990 ratifiziert.

Beibehalten aus dem sog. Überleitungsvertag wurde u.a. „Sechster Teil: Artikel 3, Absatz 1“:
„(1)Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen werden.“

Der Begriff Maßnahmen gegen das deutsche Auslandsvermögen drängte sich unweigerlich auf.

Der Sechste Teil des Überleitungsvertrages enthielt mit Artikel 1, Absatz 1 eine weitere Passage:
„Die Frage der Reparationen wird durch den Friedensvertrag zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern oder vorher durch diese Frage betreffende Abkommen geregelt werden. Die Drei Mächte verpflichten sich, zu keiner Zeit Forderungen auf Reparationen aus der laufenden Produktion der Bundesrepublik geltend zu machen.“

Wäre ja in Ordnung, wenn da nicht der eine winzige Haken wäre: Genau dieser Passus im Sechsten Teil wurde gestrichen!

Exportüberschüsse als Auslandsvermögen bewertet

Die angesammelten Handelsbilanzüberschüsse sind also Auslandsvermögen. Auf Einwendungen gegen die erhobenen Maßnahmen gegen das deutsche Auslandsvermögen wird „verzichtet“. Dafür verzichten die Drei Mächte auf den Verzicht des Zugriffs auf die laufenden Produktionen. Mag sich jeder selbst einen Reim daraus machen.

Übrigens. Von den im Jahr 2015 angefallenen Handelsbilanzüberschüssen in Höhe von knapp 248 Mrd. Euro wurden 54,6 Milliarden Euro von den USA, 51 Mrd. Euro von UK und 36 Mrd. Euro von Frankreich „angeschrieben“. Auf diese drei Importeure fielen somit rund 82 Prozent des gesamten Handelsbilanzüberschusses ab.

Das „Auslandsvermögen“ nach Target-2 System im Euroraum betrug zum Stand April 2018 gut 902 Milliarden Euro.
Die Deutsche Bundesbank verfügte zum Stand Mai 2018 über rund 171 Mrd. Euro an Währungsreserven, 121 Mrd. an Währungsgold (Goldbarren), an 9 Mrd. sonstige Währungsreserven und ein paar weitere Posten aus „Kleingemüse“. Ein Betrag, der immer noch „meilenweit“ von der Summe aus Forderungen minus Verbindlichkeiten plus Bilanzüberschüsse entfernt liegt. Die Bundesbank weist Forderungen an andere Währungsbehörden außerhalb des Euro-Währungsgebietes, den IWF (Internationaler Währungsfonds) und die BIZ („Zentralbank der Zentralbanken“ in Basel) in Höhe von gerade mal 0,867 Mrd. Euro aus.

Mal so ein Vergleich mit China:

China, international noch ein relativ junger globaler Mitspieler in der „Oberklasse“ der Exporteure, hatte zum Zeitpunkt März 2018 Währungsreserven von über 3 Billionen US-Dollar in den Büchern stehen. Ein Betrag, der zwar hübsch anzusehen ist, aber unterm Strich kaum etwas wert ist, wenn sich niemand findet, der die überwiegenden (Papier-) Dollars auf „Freiwilligenbasis“ abnimmt. Der Umtausch in das anfaßbare Gold dürfte anhand der natürlichen Begrenzung kaum im vollen Umfang gelingen.

Damit ergibt sich die Gretchenfrage:

Wo ist die Knete geblieben, wenn sie auch nicht in den immer mickrigeren Zahlungen der gesetzlichen Rente für die tatsächlichen Leistungserbringer und Werteschöpfer zu finden ist? Diese Frage ist umso wichtiger, wenn man bedenkt, dass das über Jahrzehnte ausgeglichene Verhältnis zwischen steigenden Unternehmensgewinnen (sowie Vermögenszuwächse) und Lohnzuwächsen seit 2003 eine „Blutgrätsche“ hinlegt.

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