Muammar el-Gaddafi – Darstellung seiner Person in zwei Lichtern

Gaddafis Kritik an den UN-Sicherheitsrat sind berechtigt

Tatsächlich sind Gaddafis Kritik zum UN-Sicherheitsrat nicht von der Hand zu weisen. Die Zusammsetzung besteht aus beständigen Mitglieder, die sehr wohl Gebrauch von ihrem Veto-Recht ausüben, um Sanktionen über sich selbst oder befreundete Staaten abzuwenden. Die privilegierten Rechte der beständigen Sicherheitsratmitglieder stehen in keinem Verhältnis zu den Einwohnern der jeweiligen Staaten, gegenüber den Mitgliedern ohne ständigem Veto-Recht. Zu den ständigen Mitgliedern zählen die USA, das Vereinigte Königreich, China, Russland und Frankreich. Das aktive Mitwirken der UN während des libyschen Bürgerkriegs 2011 wirft mehr Fragen auf, als dass eine Legitimation erkennbar gewesen wäre.

Die Glaubwürdigkeit Gaddafis wird durch Focus spätestens dann offen ausgespielt, als der Bericht mutmaßt, was woll sein würde, wenn der libysche Revolutionsführer darüber spekulierte, „dass vielleicht George W. Bush und Tony Blair selbst unter den Henkerskapuzen bei der Hinrichtung Saddam Husseins steckten?“. Den Vorschlag Gaddafis, das UN-Hauptquartier in den Nahen Osten zu verlagern, um damit der USA eine Entlastung zu bieten, ist es anschließend ein Leichtes, diesen in die Absurdität zu ziehen.

Auslegungen und Meinungen können nach Belieben „verbogen und verschleiert“ werden, bei reinen Zahlen jedoch nicht, könnte man glauben. Gaddafi forderte auf seiner UN-Rede eine Entschädigung für die Plünderungen des afrikanischen Kontinents durch die früheren Kolonialmächte. Darüber hinaus gehörte Kolonialismus generell als kriminell gebranntmarkt. Focus zitiert die genannte Forderungssumme mit „7,77 Trillionen“, fügt aber noch hinzu, dass „es wohl in der Übersetzung verloren gegangen sein würde, um welche Währung es sich handelte“.
Die Berliner Morgenpost beziffert die geforderte Summe mit 7,77 Billionen Dollar, rund 5,26 Billionen Euro. (Aus dem Protokoll der UN ist die Zahl 77.7 Trillionen US-Dollar zu entnehmen).
Es hat sich mit Sicherheit noch nicht bis in den letzten Haushalt herumgesprochen, dass die „deutsche“ Milliarde gleichzeitig die „amerikanische“ Billion darstellt, beide Zahlen enthalten gleich viel Nullen. Das gilt auch für die „deutsche“ Billion“, sowie die amerikanische „Trillion“. Mit derlei Zahlenspielereinen lassen sich die Forderungen bestimmter Personen auf ganz einfachem Wege der Öffentlichkeit in eine gewisse Richtung drücken.

Die Berliner Morgenpost hob Teile Gaddafis Rede hervor, die durchaus wohlwollend für die USA gemeint sind. Für seinen Vorredner (Barack Obama) war Libyens Staatschef indes voll des Lobes, so die Berliner Morgenpost. „Wir wären glücklich, wenn Obama für immer Präsident von Amerika bleiben könnte“, sagte Gaddafi, der selbst seit 40 Jahren im Amt ist. „Sie sind der Beginn eines Wandels“.
Focus behandelte diesen Part mit „Und darum war Obama – den Gaddafi stets als „einen Sohn Afrikas“ vereinnahmte – zu beneiden: Er musste sie nicht mit anhören.“.
Der Auszug des UN-Protokolls lautet: „Africans were proud and happy that a son of Africa was now governing the United States of America and it was a great thing — it was a glimmer of light in the dark of the past eight years, he said.“

Der libysche Revolutionsführer kritisierte die zugeteilte Rolle seines Landes durch die UN, „Wir sind nur Dekor….wir sind wie die Redner an der Ecke im Hyde Park: Wir dürfen was sagen, und dann sind wir wieder weg. Wer sind wir denn hier?“. Focus ist dagegen der Meinung, dass mit fortschreitender Rededauer Gaddafis der „Belustigungseffekt“ anstieg.

Selbst wenn sich die Redaktion von Focus mehr Zeit für Details zum Ablauf der Rede Gaddafis gelassen hätte, eine andere Richtung wäre wohl nicht eingeschlagen worden. Die gewünschte Deformation Gaddafis ist offensichtlich. Aus diesem Grund kann die abschliessende Bemerkung von Focus als Offenbarung der eigenen Schwäche verstanden werden: „Mag sein, dass es eher ein Problem des Übersetzers war, der gelegentlich vom Wortschwall Gaddafis überfordert wurde. Oder es lag vielleicht daran, dass der libysche Staatschef etwas unausgeschlafen war, da er wegen Jetlags, wie er erklärte, bereits um vier Uhr morgens aufgewacht war – was er als einen weiteren Grund für die Verlegung des UN-Hauptquartiers anführte. Es wurde zunehmend schwerer, in den Worten des Diktators einen Sinn zu erkennen.“

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