„Was nicht passt, wird passend gemacht“. Der bereits abgedroschen klingende „Handwerker-Spruch“ erhält durch die Machenschaften der Europäischen Zentralbank (EZB) eine neue Qualität.
Die EZB schafft sich die eigene Welt

Willkür in der Politik
Bild: Peter Kirchhoff / pixelio.de
Die Welt am Sonntag ist der Europäischen Notenbank auf die Schliche gekommen, die Kriterien für die Kreditvergabe an Spanien mit etwas „unsauberen“ Mitteln zu kaschieren. Erstaunlich war noch mehr, dass die EZB die Vorwürfe nicht dementierte, sondern sogar bestätigte.
Um was ging es?
Wer etwas verleiht verlangt meist Sicherheiten. Jeder Häuslebauer und auch Autokäufer, der seinen Traum per Finanzierung erfüllt hat, wird entweder bei Zahlungsausfällen zu den Raten einen Alptraum erleben, oder den Traum erst nach der letzten Rate zur Realität gewandelt haben. Solange nicht getilgt wurde, verbleiben Hypothek oder Fahrzeugbrief bei der Bank.
Spanien benötigte dringend Kapital und erhielt auch einen Milliardenkredit von der EZB überwiesen. Nun ist auch in den Statuten der EZB klar festgelegt, dass vor den Auszahlungen der Kredite für eine ausreichende Sicherheit zu sorgen ist. Zwischen den Notenbanken wird diese Angelegenheit mithilfe von Staatsanleihen geregelt. Die Schuldverschreibungen müssen jedoch von den (von der EZB anerkannten) Ratingagenturen mit Bestnoten bewertet sein, z.B. „AAA“.
Nun stellte sich aber heraus, dass die spanische Notenbank von der Regierung in Madrid Staatsanleihen als Sicherheiten annahm, die in ihrer Bonitätsstufe „eigentlich“ nicht ausreichten, um die Statuten zu erfüllen. Dennoch wurde den Banken Spaniens mit den „überbewerteten“ Papieren der Weg zu neuen Krediten mit geringen Risikoaufschlägen aus Brüssel bereitet. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf rund 80 Milliarden Euro.
Die vermeintlichen an die EZB weiter gereichten Kreditsicherheiten entpuppten sich quasi als Mogelpackung. Spaniens Zentralbank erhielt mehr Geld als ihr eigentlich zugestanden wäre. Der Anteil der untersicherten Kredite beläuft sich auf knappe 17 Milliarden Euro.
„Wo kein Kläger, da kein Richter“
Erst als Irland den „Zeigefinger erhob“, weil sich die Regierung sowie die Zentralbank als übervorteilt fühlten, flog die Sache auf. Mit der Weiterreichung der in „Qualität geminderten“ Anleihen an die Zentralbank verlief alles identisch. Nur die legte die EZB einen „korrekten“ Maßstab an und übernahm die irischen Bond so wie sie sind, „zweitklassig“. Die Kredite wurden entsprechend vermindert ausgezahlt. Lediglich bei Spanien wurden offensichtlich „beide Augen zugedrückt“.
Der sehr fragwürdige Vorgang wurde publik – Was nun?
Welt am Sonntag wies auf die Verletzung der eigenen Statuten hin und erhielt auch eine Bestätigung, nachdem von der EZB eine „interne Überprüfung dieser Angelegenheit“ zugesagt wurde.
Tatsächlich räumte die Europäische Zentralbank Fehler im Sachverhalt ein. Eine Lösung musste gefunden werden.
Erstaunlich! Eine schnelle und einfache Lösung
EZB-Vizepräsident Vitor Constancio erklärte am Rande der G-20-Tagung in Mexiko, „die Sache ist vollständig beigelegt, korrigiert und überwunden.“ (Welt.de, 07.11.12).
Der komplette Vorgang zu den spanischen Staatsanleihen sowie die Kreditauszahlung verstießen gegen die Regeln des Euro-Systems, wurden aber letztendlich als ein „Muster-Vorgang“ zur Neuregelung der Statuten verwendet. Im Klartext: Die Sache ist ab jetzt legal und gilt als die neue Norm!
Eine Regel, bzw. ein Gesetz wird bewusst überschritten und wurde man „erwischt“, passt man kurzerhand die Statuten an. Eine klarere Demonstration der Qualität von Rechtsverständnis, Demokratie und auch gesundem Menschenverstand. Ist es pure Verzweiflung, über die Misere der Eurokrise nicht mehr Herr werden zu können, oder eine ans Tageslicht getragene überhebliche Arroganz? Womöglich eine Kombination beider Möglichkeiten.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist ein verbissener Verfechter der „Eurokratur“ und setzt alle Schalter und Hebel in Bewegung, um mehr Souveränität aus Berlin nach Brüssel zu verlagern. Gleichzeitig strebt die EZB die Einrichtung einer Unterabteilung zur Kontrolle jeglicher Bankenhäuser in der Euro-Zone an. Der Wunsch reicht bis zur Überwachung und Lenkung der „kleinsten Dorfsparkasse“ hinunter.
Wie es scheint, können die Machenschaften nicht mehr effektiv genug unter den Deckmänteln gehalten werden. Das wahre Gesicht der „Euro-Idee“ nimmt klarere Züge an.