Die Bundeskanzlerin Angela Merkel soll „Hochverrat gegen den Bund“ begangenen haben und ist nun mit einem Berg von Strafanzeigen konfrontiert. Sofern die Bundesanwaltschaft nicht vorab tüchtig filtert, stellte sich die Frage zur eigentlichen Grundlage dieser Anzeigenwelle. Was ist der „Bund“?
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Bund, BRD, Deutschland, Vereinigtes Wirtschaftsgebiet?
Gegen die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seien bei der Bundesanwaltschaft bereits mehr als 400 Strafanzeigen wegen „Hochverrats“ eingegangen, so die Verlautbarungen zahlreicher Medien. Hauptanklage-Punkt sei die „Zerstörung Deutschlands durch ihre Flüchtlingspolitik“.
Dem Magazin taz.de liegen Informationen vor, nach denen die Flut der Anzeigen Merkel die Absicht vorwerfen, den „Bestand Deutschlands zu beeinträchtigen und die verfassungsgemäße Ordnung zu ändern“.
Den Strafanzeigen werden jedoch kaum Erfolgschancen eingeräumt. Der Tatbestand „Hochverrat“ sei nur dann erfüllt, wenn „Gewalt und Drohung“ zum Zuge kämen, lt. § 81 Strafgesetzbuch (StGB).
„(1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt
1. den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder
2. die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.“
Das Magazin möchte daher vorab schon wissen, dass es die Bundesanwaltschaft nicht über eine formelle Vorprüfung hinaus kommen lassen wird. Ein offizielles Ermittlungsverfahren erscheine daher jetzt schon als ausgeschlossen.
Bemerkenswert ist jedoch wieder einmal die pauschale Abschiebung der Urheber dieser Strafanzeigen in die rechtsextreme Ecke. taz leitet den Bericht mit „Rechte Kampagne gegen Merkel“ ein und beschreibt eine „orchestrierten Szene“, da sich die eingereichten Anzeigeschriften ähnelten.
Es läge eigentlich auf der Hand, dass sich die Anzeigen gegen Merkel in Sachen „Hochverrat“ ähneln müssen, da sie von ein und der selben Angelegenheit motiviert sind.
Die Strafanzeigen gegen Merkel sowie §81 StGB werfen allerdings Fragen auf.
Was ist eigentlich der „Bund“?
Wikipedia beschreibt folgendes:
„Die Bundesebene (auch Bund genannt) ist in Deutschland die oberste Ebene in der Hierarchie des Staatsmodell des Bundesstaates. In der Politik- und Rechtswissenschaft liegt dem Modell die Idee eines föderativ organisierten politischen Systems der staatlichen Ebene zugrunde: Die einzelnen Bundesländer besitzen zwar eine eigene Landesregierung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, ihre Kompetenzen leiten sich jedoch vom Bund ab. Die Länder sind keine eigenständigen Staaten im Sinne des Völkerrechts, sondern Gliederungseinheiten des Bundesstaates, der Völkerrechtssubjekt sui generis ist.“
Soweit, so gut.
Der Bundespräsident schwört bei Amtsantritt u.a. auf die Wahrung der Gesetze des Bundes (Art. 56 GG). Der Bundesbeamte schwört auf die Wahrung der Gesetze der Bundesrepublik Deutschland (§64 Bundesbeamtengesetz – BBG). Der Richter schwört lt. §38 Deutsches Richtergesetz (DRiG) auf das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu „dem Gesetz“.
Das Grundgesetz erfährt folgende Definition:
Art. 164 GG
„Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“
Hoppala! Wie war das mit der weitverbreiteten Behauptung „Grundgesetz = Verfassung“? Aus Art. 146 GG ließe sich klar herauslesen, dass es sich mit Grundgesetz und Verfassung um zweierlei Stiefel handelte.
Welche Definitionen „rund um den Bund“ tauchen noch so auf?
In der „Abschließenden Regelung in bezug auf Deutschland“, auch als „2+4-Vertrag“ bezeichnet, findet sich in folgende Passage:
Artikel 8, Absatz 2:
„Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden werden bei der Regierung des vereinten Deutschlands hinterlegt. Diese unterrichtet die Regierung der anderen Vertragsabschließenden Stellen von der Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Annahmeurkunde“
Beim Stöbern stieß ich dann noch auf den folgenden „Hinweis“:
Artikel 133 Grundgesetz
„Der Bund tritt in die Rechte und Pflichten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes ein.“
Verwirrt? Ich auch. Was soll ich nun antworten, wenn ich irgendwo auf dieser Welt über meine Herkunft gefragt werde? Aus Deutschland, Bundesrepublik Deutschland, Bund, Vereinigtes Wirtschaftsgebiet, oder DEUTSCH (wie es im Perso steht)? In der UN-Mitgliederliste wurde 1990 der Eintrag „FRG“ gelöscht und mit „Germany“, also Deutschland, ersetzt. Vollendete Verwirrung.
Ich denke „Bavaria“ wäre wohl die beste Antwort.