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Die EU will wegen Rating-Irrtum harte Konsequenzen durchsetzen
Das versehentliche Abstufen der Bonitätsklasse für Frankreich durch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P), hat sehr hohe Wellen geschlagen. Die Börsenwelt ist nach der Beschneidung des Triple-A beinahe in Hysterie gefallen. Ein einziger Newsletter mit einer falschen Kleinigkeit hätte beinahe (vorzeitig) die Welt verändert!
Webmaster und Shop*Betreiber würden sich die Finger lecken, mit dem hauseigenen Newsletter eine solche Macht zu besitzen, um die Weltwirtschaft und die Politiker von Großmächten nach der eigenen Pfeife tanzen zu lassen. Offensichtlich so geschehen mit einer versehentlich falschen Meldung im Versand des Interessenten-Abos aus dem Hause Standard & Poor’s. Einer der drei großen Rating-Agenturen, die zu wissen glauben, wie hoch die Kreditwürdigkeit der einzelnen Länder dieser Welt ist.
Frankreich wurde von S&P versehentlich die höchste Kreditwürdigkeit entzogen, für nicht lange, denn die Korrektur wurde alsbald nachgereicht. Doch die Auswirkungen waren weltweit an den Kapitalmärkten mehr als deutlich spürbar. Die Börsen rutschten abwärts, die EU-Politiker völlig desorientiert „Was? Jetzt schon?“ und Sarkozy, Staatspräsident Frankreichs, findet seit der bösen Nachricht aus der US-Privatfirma kein Gegenmittel für seinen hohen Adrenalinspiegel. Steht er doch schon mitten im Wahlkampf für seine Wiederwahl als Präsident und das sollte doch bitte vor alles Anderem die höchste Priorität besitzen.
Zum Gegenschlag ausgeholt
Dafür wird jetzt gegen die Standard & Poor’s verbal kräftig zum Gegenschlag ausgeholt. Der Marktführer habe bewiesen, dass eine „Branche ihre Glaubwürdigkeit schneller und nachhaltiger nicht verlieren kann“, so in der sueddeutsche.de. „Die Ratingagenturen haben ein überzeugendes Meisterstück im Fach Selbstdemontage abgeliefert“, wird im Artikel sinniert. Als weitere Schlussfolgerung kommt die Süddeutsche zum Ergebnis, dass „die Branche eben nicht solide arbeitet“, da es sich schließlich nicht um eine peinliche Panne, sondern um einen kapitalen Fehler mit nicht abschätzbaren Folgen handelte. Die „fehlerträchtige“ Vergangenheit wird ebenso an den Pranger gestellt wie die vermeintlich gegenwärtigen Fehleinschätzungen der Rating-Agenturen. Dass u.a. die „angeblich unabhängigen“ Prüfer ihre eigenen Gesellschaften bewerten, wird verständlicherweise nicht ausgelassen.
EU-Kommission zeigt Muskeln und viel Doppelmoral
Als Konsequenz zu der jüngst „schlampigen“ aber dennoch sehr verhängnisvollen Arbeit der S&P, wollen die EU-Staaten „dem Treiben nun ein Ende setzen“. Die Europäische Kommission will nächste Woche am Dienstag geeignete Instrumente vorstellen, die die Ratingagenturen zu „soliden Bewertungen“ zwingen sollen. Darüber hinaus soll durchgesetzt werden, dass Länder, die Finanzhilfen erhalten, vorübergehend nicht benotet werden. Die Ratingagenturen sollten ab sofort für ihre Noten verbindlich haften und wer sich irrt, müsse mit Konsequenzen rechnen. Dies per Eilverordnung umzusetzen, kann die Europäer niemanden daran hindern.
„Welch kraftvolles und vor allem aufrichtiges Vorhaben!“. Die „Europäischen Unschuldslämmer“ in Leibhaftigkeit wollen die Standard & Poor’s Corporation mit Sitz in New York, USA, in die Schranken verweisen. Barack Obama wird vielleicht noch nahe gelegt, dass er sich still zu verhalten habe. Es gäbe durchaus Sinn, die Kosten für den Verwaltungs-Kraft-Akt der Europa Kommission mit der engen Zusammenarbeit der IWF (Internationaler Währungsfonds) zu verbinden. Ein gesendetes FAX über die IWF Vorzimmer-Dame, per Praktikanten von Washington D.C nach New York einfach der S&P überreichen. Es geht ganz schnell, ist billig und der IWF kann als völlig „neutraler Zeuge“ die Belange der EU bestätigen. Damit dürfte die Angelegenheit abgehakt sein.
Wolf im Schafspelz
Die Kriterien zur „Gegenbewertung“ der Rating-Agenturen beziehen sich auf „Fehlerhaftigkeit, mangelnde Solidität, unzureichende Unabhängigkeit, Irrtümer und das Fehlen von deren Konsequenzen“. Das sind alles wohlklingende Motive, aber sie kommen schlicht aus dem falschen Munde. Der Wolf im Schafspelz, der Biedermann höchstpersönlich, weist mit dem Finger von sich, um die Fehler anderer aufzuzählen. Das Getöse um das Abwürgen der Ratingagenturen würde sehr schnell verstummen, wenn lediglich nach praktischen Beispielen der verlangten Tugendhaftigkeit aus den Reihen der europäischen Politik verlangt werden würde.
Deckte doch erst wikileaks durch die Veröffentlichung eines ehem. Geheimdokuments auf, dass die deutsche Bundesregierung „heilfroh“ darüber gewesen wäre, der Bevölkerung nach der Aufdeckung der griechischen Krise 2010 nicht die Wahrheit sagen zu müssen. Dieser rote Faden der Politik und „Aufrichtigkeit“ durchzieht alle Bereiche von der Lokalpolitik bis hin zur europäischen Ebene.
Speziell zu den angedrohten Einschränkungen der Rating-Agenturen liegt der Verdacht nahe, dass die jüngsten „Rettungspläne“ der EU-Genies in besonderen Schutz genommen werden sollen. Basiert der erhoffte Erfolg der Maßnahmen ausschließlich auf ein Triple-A der betroffenen Länder. Eine vorzeitige Abstufung durch die Ratingagenturen würde den „Rettungsplan“ sofort über den Haufen werfen. Den Eurokraten bliebe offensichtlich zu wenig Spielraum, um sich mit weiteren Finten über die Zeit zu retten.
Die Brandstifter zeigen lautstark auf die Diejenigen, die mal ein brennendes Streichholz fallen lassen und beteuern dabei die Gefährlichkeit des Feuers mit aller Scheinheiligkeit. Auf frischer Tat ertappt, sind unüberhörbare Dementis jedoch eindeutige Indizien für die versteckte Wahrheiten. „Schuster bleib‘ bei Deinen Leisten“, das gilt vor allem für Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und hohe Ämter „besetzen“.
Quelle: sueddeutsche.de