
Ein leidiges Missverständnis und leider auch oft mit der Folge des verlassenen Mutes und des Endes der Motivation ist die „Wiedergeburt“ des Menschen. Viele haben die Vorstellung, es müsse eine plötzliche „wundersame“ Verwandlung eintreten, die Sündlosigkeit schon im nächsten Atemzug erreicht. Dem ist nicht der Fall und bei einem falschen Verständnis ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Dabei erklärt die Bibel das Prinzip „sündiges Fleisch und Geist Christi“ (eigentlich) deutlich.
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Wiedergeburt und Überwindung
Die Wiedergeburt bzw. Neugeburt des Menschen ist die erste elementare Voraussetzung. Im Anschluss folgt die Veränderung des Menschen zum Wohlgefallen Gottes. Dies ist allerdings ein Prozess, jedoch ebenso essenziell. Denn es gilt unbedingt zu überwinden (Info).
Viele Menschen sind der Ansicht, die Bekehrung führe zu einer plötzlichen Verwandlung des Menschen. Nicht gleich so, als wenn dieser mit einem Lichtkranz um sein Haupt geradewegs um 5 cm über dem Boden schweben könne, aber doch mindestens das Verlangen nach Sündhaften (eigentlich) umgehend beseitigt. Wer dies erwartet, wird enttäuscht werden und hat zudem etwas falsch verstanden. Hierzu gab es schon vor rund 126 Jahren(!) einen sehr treffenden Beitrag. Daher schon einmal ein „Trost“, dass dieses Problem nicht einen exklusiv betrifft, sondern durchaus verbreitet ist.
Das Missverständnis vom eliminierten Sünder-Fleisch
Im Magazin „The Advent Review and Sabbath Herald“, No.76,16, Seite 248, vom 18. April 1899, wurde dieses leicht misszuverstehende Thema aufgegriffen und auch ausführlich behandelt (Quelle).
Der Irrtum

„Es gibt einen schwerwiegenden und sehr hinderlichen Fehler, der von vielen Menschen begangen wird. Dieser Fehler wird begangen, wenn der Mensch denkt, dass bei der Bekehrung sein altes sündiges Fleisch eliminiert wird.
In anderen Worten, sie begehen mit diesem Denken den Fehler, dass sie vom Fleisch vollständig befreit wurden, indem das Fleisch von ihnen gänzlich entfernt wurde.
Stellen diese dann fest, dass dies nicht der Fall ist, und bemerken, dass das bisherige Fleisch mit seinen Neigungen, Bedrängnissen und seinen Begierden noch immer vorhanden ist, sind diese nicht darauf vorbereitet und verlieren den Mut und beginnen zu denken, dass sie gar nicht bekehrt wurden.“
Der Denkfehler
„Wenn diese jedoch etwas nachdenken würden, müsste ihnen dieser (Denk-)Fehler eigentlich auffallen. Einfache Überlegungen sind: war der Körper nach der Bekehrung nicht aus dem gleichen Material zusammengesetzt, dasselbe Fleisch, dieselben Knochen und dasselbe Blut? War der Körper nach der Bekehrung nicht identisch zusammengesetzt wie vorher? Was es nach wie vor menschliches Fleisch, natürliches Fleisch, ebenso sicher wie es vorher auch der Fall war? Als Antwort würde wohl ein jeder Ja sagen. Das wäre sogar die Wahrheit.
Eine weitere Frage zur Überlegung ist: wenn es das gleiche Fleisch wie vorher war, in der gleichen Qualität, ist es dann nicht auch das gleiche sündige Fleisch wie zuvor?
An dieser Stelle fangen viele das Zögern an und hier verbirgt sich der entscheidende Fehler. Viele denken, dass die Antwort zu dieser Frage eigentlich ein Nein sein müsste, obwohl auch hier ein entschiedenes Ja sein sollte. Denn solange auch der bekehrte Mensch in diesem natürlichen Körper weitermacht, muss dieses Ja beibehalten werden.„
Nichts Gutes im Fleisch
„Und wenn permanent und entschieden formuliert wird, dass dieses Fleisch des Bekehrten noch immer ein sündiges und nur sündiges Fleisch ist, so ist dieser auch grundlegend davon überzeugt, dass in seinem Fleisch nichts Gutes wohnt. Dieser weiß, dass er seinem eigenen Fleisch auch nur einen Schatten Vertrauen schenken darf. Wenn diese Erkenntnis einmal erlangt ist, weiß dieser auch, dass seine einzige Abhängigkeit etwas ganz anderes ist als das eigene Fleisch, nämlich die Abhängigkeit vom Heiligen Geist Gottes. Das Fleisch wird vom Heiligen Geist, die Quelle der Kraft und Hoffnung, gänzlich ausgeschlossen. Diese Kraft ist ausschließlich in Jesus Christus.
Da der bekehrte Mensch seinem Fleisch gegenüber stets wachsam ist und daraus auch nichts Gutes erwartet, ist dieser durch die Kraft Gottes bereit, jeglichen aus dem eigenen Fleisch hervorkommender Impuls oder jede Begierde niederzuschlagen. Auf diese Weise scheitert er nicht, verliert nicht den Mut, sondern geht von einem Sieg zum nächsten Sieg und mit wachsender Stärke weiter.„
Altes Fleisch – Neuer Geist

„Du siehst, die Bekehrung bringt somit kein neues Fleisch auf den alten Geist, sondern einen neuen Geist im alten Fleisch. Ein neuer Geist im alten Fleisch. Befreiung und Sieg werden nicht dadurch erlangt, indem die menschliche Natur weggenommen wird, sondern durch die Anteilnahme an der göttlichen Natur (2. Petrus 1,4). Damit gelingt es, das sündige Fleisch zu unterwerfen. Nicht durch die Wegnahme des sündigen Fleisches, sondern indem der sündlose Geist eingesendet wird, um die Sünde im Fleisch zu überwinden und zu verurteilen.
In der Schrift ist NICHT die Rede von, „Lasse dieses Fleisch auf dir sein, das auch auf Christus war“, SONDERN es heißt, „Denn ihr sollt so gesinnt sein, wie es Christus Jesus auch war“ (Philipper 2,5). In anderen Worten, „lasse diesen Geist in dir sein, der auch in Jesus Christus war.
Die Schrift sagt auch NICHT, „seid verwandelt durch die Erneuerung eures Fleisches“, SONDERN es heißt, „laßt euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes“ (Römer 12,2; zum Gottes Wohlgefallen).
Der Mensch wird durch die Erneuerung von seinem Fleisch entrückt, aber die Erneuerung muss durch die Verwandlung des Geistes erfolgen.„
Jesus Christus nahm unser Fleisch an
„Jesus Christus nahm dasselbe Fleisch und Blut, dieselbe menschliche Natur an, die auch wir haben. Das Fleisch, wie unser sündiges Fleisch. „Verurteilte Sünde im Fleisch“ (Römer 8,3). Genau darin liegt unsere Befreiung (Römer 7,25) und unser Sieg. Lasse den Geist Jesu Christi auch in dir sein. „Ein neues Herz werde ich dir geben, und einen neuen Geist werde ich in dich setzen“ (Hesekiel 36,26).
Der Anblick des eigenen sündhaften Fleisches sollte daher nicht entmutigen. Das Erkennen derart viel Sündhaftigkeit ist nur durch das Licht des Geistes Gottes und durch die Unterscheidung des Geistes Christi möglich. Je mehr Sündhaftigkeit du in deinem Fleisch siehst, desto mehr hast du mit Sicherheit vom Geist Gottes. Dies ist sogar ein sicherer Test.„
Gott dafür („sogar“) dankbar sein
„Wer viel Sündhaftigkeit an sich selbst erkennt, danke Gott für diese Erkenntnis, dass du derart viel vom Geist Gottes hast. Sei ganz sicher, wenn die Sündhaftigkeit im Überfluss vorhanden ist, dann wird die Gnade noch viel mehr im Überfluss vorhanden sein.
‚Das Gesetz aber ist daneben hereingekommen, damit das Maß der Übertretung voll würde. Wo aber das Maß der Sünde voll geworden ist, da ist die Gnade überströmend geworden, damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.‘ (Römer 5,20-21).„
Jesus Christus machen lassen

Eine „wundersame schlagartige“ Veränderung des Menschen nach der Bekehrung, nach der Taufe (Info), bleibt daher in aller Regel aus. Frohsinn, dass man sich für diesen Weg entschieden hat, durchaus nachvollziehbar. Aber das durchdringende „Glücksgefühl“, nun vom Heiligen Geist durchdrungen, geradezu überwältigt worden zu sein, gehört ins Reich der Märchen, bzw. ist ein Spezialgebiet der Pfingstler und andere charismatische Glaubensvereine.
„Oft anders als gedacht“, auch beim Thema Bekehrung und Überwindung. Wer tatsächlich verstanden hat, dass der Mensch selbst nichts, aber auch rein gar nichts, zu seiner eigenen Erlösung beitragen kann, sondern ausschließlich durch seinen eigenen Wunsch, der Bitte an Gott und durch die vollständige Übergabe seines Ichs und Seins an Gott, der wird mit dem Blick auf sein sündhaftes Fleisch gelassener bleiben. Die eigene Übergabe bedeutet folgerichtig auch, dass Jesus die Veränderung vornimmt und auch den Kampf austrägt. Dies alles aus Liebe und Seine Gnade.
Jesus Christus ist es auch, der den Menschen zur Überwindung der Sünde führen wird. Die Gnade Gottes ist deshalb auch nicht „Errettung IN Sünde“, sondern „Errettung VON Sünde“!
In der Praxis bedeutet dies für den Gläubigen, seinen Blick immer öfter auf Jesus Christus zu richten, Seinen Charakter, Sein Wirken und Seine Handlungen als Er als Mensch in Seine (gefallene) Welt kam. Durch Schauen ähnlich werden. Umgekehrt bedeutet dies, sich von der gefallenen Welt und ihre Gepflogenheiten immer weiter zu entfernen. Das Wort Gottes nicht nur lesen, sondern studieren. Der Heilige Geist führt in das Verständnis und in der Wahrheit. David hatte dies in Zeiten der Bedrängnis in einem seiner Psalmen zum Ausdruck gebracht (über seine törichte „Mannschaft“):
„Erzittert und sündigt nicht! Denkt nach in eurem Herzen auf eurem Lager und seid still!“
Psalm 4,5
Bibelverse aus Schlachter 2000