Arche Noah am Berg Ararat – Oder eher Ost-Armenien?

Gebirge um Ararat

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Die schützende Arche Noahs strandete beim Abklingen der weltweiten Flut am Berg Ararat, so eine weit verbreitete Erzählung. Die Bibel nennt den Ararat. Aber mit diesem „ausgesuchten“ Berg hat diese Bezeichnung nur sehr wenig zu tun.

Der Touristen-Magnet Berg Ararat

Der Berg Ararat ist in der Welt bekannt als der Berg, an dem die Arche Noahs nach der Sintflut zur Ruhe kam und auf Grund lief. Dieser Berg befindet sich heute in Anatolien, der äußerste Osten der Türkei an der Grenze zu Armenien. Bergstieger und Abenteurer machen sich in Scharen auf, um vielleicht Spuren von der vermeintlich dort „gestrandeten“ riesigen Arche zu entdecken. Ganze Forschungsteams haben sich aufgemacht und die Gegenden rund um den Berg mit modernsten Geräten abgesucht. Der Erfolg blieb bisher aus. Das tat dieser Region als touristische Anlaufstelle aber keinen Abbruch, denn schließlich handelt es sich um „den“ Ararat.

Die Bibel gibt Auskunft über Ararat

Berg Ararat
Der Berg Ararat – Unwirkliche Gegend zum Anlegen

Der Berg Ararat deckt zumindest eine Art Doppelmoral auf. Einerseits wird die Bibel heute überwiegend als eine Ansammlung von Erzählungen fantasiereicher Autoren der Antike bezeichnet und andererseits werden einzelne Aussagen dennoch für bare Münze genommen, um damit in aktueller Zeit formulierte Narrative zu bedienen. Das betrifft auch den Ararat der Bibel und dem daraus formulierten Berg Ararat in der heutigen Ost-Türkei.

Die Bibel erwähnt Ararat vier Mal

In der Bibel wird der Begriff „Ararat“ lediglich an vier Stellen erwähnt. Von explizit einem bestimmten Berg ist in der Schrift allerdings an keiner Stelle die Rede.

1. Mose 8,4
Und die Arche ließ sich auf dem Gebirge Ararat nieder am siebzehnten Tag des siebten Monats.

2. Könige 19,37
Und es geschah, als er im Haus seines Gottes Nisroch anbetete, da erschlugen ihn [seine Söhne] Adrammalech und Sarezer mit dem Schwert, und sie entkamen in das Land Ararat. Und sein Sohn Esarhaddon wurde König an seiner Stelle.

Jesaja 37,38
Und es geschah, als er im Haus seines Gottes Nisroch anbetete, da erschlugen ihn seine Söhne Adrammelech und Sarezer mit dem Schwert; und sie entkamen in das Land Ararat. Und sein Sohn Esarhaddon wurde König an seiner Stelle.

Jeremia 51,27
Richtet das Kriegsbanner auf im Land, stoßt in die Posaune unter den Heiden! Heiligt die Völker gegen sie, beruft die Königreiche Ararat, Minni und Aschkenas gegen sie! Bestellt Heerführer gegen sie, laßt Pferde anrücken, borstigen Heuschrecken gleich!

Der Ararat wird in der Bibel mit einem Gebirge, einem Land und einem Königreich in Verbindung gebracht. Somit kommt „der Berg“ Ararat in der Schrift erst gar nicht zum Zuge. Die englische Bibel King James Version schreibt in 2. Könige 19,37 und Jesaja 37,38 nicht „Ararat“, sondern „Land von Armenien“.

Ararat deutet auf Armenien hin

Im Hebräischen des sog. masoretischen Textes steht jeweils für das Wort „Ararat“ auch der entsprechende Wortlaut „ararat“ (אֲרָרָט). Per Definition im Hebräischen beschreibt dies ein Gebiet in Ost-Armenien und fand im Ursprung Anwendung für „fremde Herkunft“ wie auch einfach nur „Armenien“.

In der katholischen bzw. lateinischen Bibelvariante der „Vulgata“ wurde das Wort als „montes Armeniae“ („Berge Armeniens“) übersetzt. In der „Nova Vulgata“ (ab 1979) änderte man dies als „montes Ararat“ („Berge von Ararat“). Das Stiften von Verwirrung seitens der römisch-katholischen Kirche ist dagegen alles andere als ein Novum (Info).

Das Armenien von heute hatte ursprünglich eine ganz andere Form und vor allem eine größere Ausdehnung. Der Berg Ararat befand sich einst auf armenischem Gebiet. Noch heute erinnert ein Ort namens Ararat an der Westgrenze Armeniens mit dem freien Blick auf den berühmten Berg.

In der Antike hieß dieses Gebiet Urartu und hatte die größte Ausdehnung unter dem König Rusa I. (715-713 v.Chr.). Während dieser Zeit befand sich der Berg Ararat im Osten des Landes.

Der Berg Ararat ist noch „sehr jung“

Von der ursprünglichen Bezeichnung des Berges ließe sich der heutige Name Ararat nicht ableiten. Die Kurden nannten den Berg „Ciyaye Agiri“ („feuriger Berg“), die Armenier bezeichneten den Berg als „Masis“ und die Türken verwenden den Namen „Büyük Agn Dagi“.

Dass von jeher gar nicht vom Berg Ararat gesprochen wurde, hat eine Erklärung. Der Berg im heutigen Osten der Türkei erhielt seinen heute gebräuchlichen Namen erst im Mittelalter. Erst seit diesem Zeitpunkt wird dieser Ort als der quasi Anlagehafen der Arche Noah gedeutet (Quelle). Vorher war davon gar nicht die Sprache. Zuerst erfolgte die Vergabe des Namens und im Anschluss folgte die These über die mögliche Anlegestellte der Arche.

Es dauerte zudem sehr lange, bis sich mal jemand aufmachte, den Ararat tatsächlich zu besteigen. Die Aufzeichnungen für eine Erstbesteigung, u.a. durch Friedrich Parrot und Khachatur Abwojan, reichen lediglich bis ins Jahr 1829 zurück.

Berg Ararat eher ungeeignet

Gebirge um Ararat
Vegetationsgrenze ist wesentlich niedriger als der Gipfel

Der Ararat ist mit der Höhe von 5137 m der höchste Berg der Türkei. Als Vulkan hat er auch die typisch steil verlaufenden Abhänge. Auf dem Gipfel bzw. in der unmittelbaren Umgebung wäre ein Absetzen der Arche mehr als „ungeschickt“. Zudem dauert eine Expedition zur Besteigung des Berges mehrere Tage. Dies alles nur mit entsprechender Ausrüstung und Können. Entsprechend gestaltete sich der Abstieg für Mensch und Tier weitaus mehr als nur herausfordernd.

Der Berg Ararat scheidet eher aus

Die Archäologie hat bis dato keinerlei Hinweise auf eine Arche finden können. Weder in Form von aufgefundenen Resten noch von Mensch und Tier anderweitig hinterlassenen Spuren.

Angesichts der biblischen Beschreibungen, den geologischen Umständen und der ohnehin erst späten Namensgebung für diesen Berg, erscheint es als sehr unwahrscheinlich, dass der heutige Ararat auch nur irgendetwas mit dem Ararat der Bibel zu tun haben könnte.

Der Blick auf den Osten Armeniens

Armenien Hochland
Armenien bietet weitaus günstigere Voraussetzungen

Aufgrund der biblischen Beschreibungen rund um ein Königreich, ein Land und ein Gebirge, welche sich allesamt im ursprünglichen Grundtext auf Armenien beziehen, rentiert sich der Blick auf andere durchaus aussichtsreiche Stellen in diesem gebirgigen Land.

Armenien bietet durchaus einen sehr geeigneten „Kandidaten“ für die mögliche Landestelle der Arche Noah. Dieser befindet sich im heutigen Osten Armeniens, nahe an der Grenze zu Aserbaidschan und auch nicht weit weg von der heute umkämpften Konklave Bergkarabach. Es handelt sich um den Berg Ughtasar („Uchtasar“), in der heutigen Provinz Syunik, in der Nähe der Stadt Sisian (Quelle). Ein Gebiet, um das touristisch kaum Aufsehen gemacht wird und vor allem den Archäologen ein Begriff ist.

Dieser Berg ist in der Nähe seines Gipfels derart weiträumig flach, dass sich Wasser sogar zu einem kleinen See ansammeln kann. Eine weitere Besonderheit ist, dass der Gipfel quasi wie über eine natürliche, geschlängelte Rampe vom Tal aus relativ bequem erreicht werden kann. Das Hochfahren mit einem Geländefahrzeug bereitet keine Schwierigkeiten. Den lokalen Bewohnern sind dieser Berg und seine „Attraktionen“ durchaus bekannt. Die abgeflachte Gipfelregion ist bis auf die Seite des Anstiegs eingekreist von einem hochragenden Felskranz. Ein zusätzlicher Schutz vor starken Winden, oder auch noch den hochwiegenden Wellen der Flut, wenn man so will.

Eine Spekulation über Noahs Ambitionen

Liegt es nicht nahe, dass an der Stelle, an der Noah und seine Familie nach der Flut wieder festen Boden unter den Füßen hatten, angesichts der zerstörten Erdoberfläche keine großen Ambitionen hatten, in die weite, nun unbesiedelte Welt zu wandern? Gerade mal acht Menschen blieben während der Flut-Katastrophe übrig. Und die Schar ausgesuchter Tierpaare. Die Vegetation dürfte weitgehend verwüstet gewesen sein. Die Erholung der Pflanzen passiert in der Regel schnell, aber dies brauchte noch Zeit. Nachvollziehbar wäre es, wenn Noah und seine Familie gemeinsam in der Nähe der Arche gesiedelt haben, anstatt sofort vereinzelt in die nun eher lebensunfreundliche Welt hinaus zu ziehen.

Für Archäologen ist Ughtasar eine Schatztruhe

Die wechselhafte Region aus Felsgipfel und ebenen Grasflächen auf dem Berg Ughtasar bietet für Archäologen einen wahren Schatz an „steinzeitlichen“ Hinterlassenschaften. Mehr als 2000 Felsen sind bemalt bzw. eingeritzt mit Figuren, Tieren und vielen weiteren Symbolen (Quelle). Dominant sind vor allem die Abbildungen von Ziegen. Deren Anzahl ist so groß, dass die lokalen Bewohner diese riesige Sammlung von historischen Zeichnungen als „Itsagir“ („Ziegen-Briefe“) bezeichnen.

Gut gelaunte Menschen

Ukhtasar Happy People
By Beko – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82486520

Einzelne Darstellungen deuten auf eine offenbar derart gute Stimmung hin, dass sie fröhlich tanzende Menschen zeigen. Nicht gerade ein Zeugnis für ein hartes und bedrücktes Leben.


Unübliche Tierarten

Ukthasar - Giraffen
By Beko – Own work, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=82487145

Einige Tierabbildungen zeigen übertrieben dargestellte Hörner von Steinböcken und auch Ziegen. Doch es gibt auch Tierabbildungen, die man in der Region von Armenien so nicht vermuten würde.


„Adam und Eva“ mit Schlange

Ukhtasar-Adam-Eva
http://www.zzz.cz/cesty/obrazek.php/3216019

Ein Felsen weist eine besondere Zeichnung auf. Es sind Menschen, ein Baum und Schlangen zu sehen. Diese in den Felsen eingezeichnete Formation wird von den Einheimischen als „Adam und Eva“ bezeichnet.


Das „Stonehedge“ von Armenien

Fels in Carahunge
Bild: ‚Armenians and old Armenia‘, P.M. Herouni, Seite 23

Die Kultur der Armenier geht weit in die Vergangenheit zurück und hat auch einige Forscher ins Staunen versetzt. Intensiv mit der armenischen Geschichte hat sich Paris Misaki Herouni beschäftigt. Ein Armenier, geboren im Dezember 1933 (gestorben 2008), Physiker und Ingenieur zu Sowjetzeiten.

Herouni war Mitglied der Armenischen Nationalen Akademie der Wissenschaften. Er hielt über 20 Patente und veröffentlichte mehr als 340 wissenschaftliche Arbeiten. Als Physiker mit einem Schwerpunkt in der Radio-Astronomie untersuchte Herouni die in Armenien aufgefundenen Felsmonumente von Carahunge (Quelle). Eine große Anzahl von aufgerichteten Felssteinen und jeweils versehen mit einer größeren kreisrunden Bohrung am oberen Ende. Dieses Gebiet ist lediglich rund 15km vom Berg Ukhtasar entfernt.

Felsformationen für Astronomie

Herouni stellte ein Forscherteam zusammen, u.a. aus Moskau und der Schweiz, um das Felsmonument genauer zu untersuchen. Im Jahr 1994 startete die erste Expedition. Schnell fanden sie heraus, dass diese Felsformationen der Himmelsbeobachtung dienten. Während einige Felsen in ihrer Anordnung für den Sonnenverlauf ausgerichtet sind, haben andere Formationen den Mond, die Planeten und auch die Sterne im Visier. Die Höhen der Felsen variieren zwischen 0,5m und 3m und wiegen bis zu 10 Tonnen. Sie bestehen aus Basalt und stammen vom benachbarten Tal. Die Forscher nummerierten mehr als 220 Felsen.

Die Gemeinsamkeit der Sprachen

Einen Forschungsschwerpunkt legte Herouni auch in der Verbreitung bzw. die Entwicklung der Sprachen und den Schriftzeichen. Der armenische Forscher dürfte von den Entdeckungen des Archäologen Dr. Samuel Kramer im Jahr 1952 gewusst haben. Kramer nahm Untersuchungen an der Stelle der historischen Stadt Ur vor. In der Bibel wird dieser Ort aus der Zeit der Sumerer der dritten Dynastie als der Heimatort Abrahams genannt.

Steintafel der Sumerer

Sumerer-Steinplatte
Bild: Francois du Plessis

Der Forscher entdeckte Steintafeln mit Keilschriften aus der Zeit des „goldenen Zeitalters der Sumerer“. Die ersten elf Zeilen auf diesen Steintafeln beschreiben eine Periode des Friedens und des Wohlstandes für die Menschen. Ein Leben ohne Angst. Die Zeile 146 war nicht vollständig, es fehlte ein Teilstück. Zu lesen war „Jeder […] eine Sprache“. Es blieb Raum für Spekulationen, welches das fehlende Wort sein könnte. Kramer musste fast 16 Jahre lang auf die Antwort warten. Dann fand er im gleichen Gebiet eine weitere Aufzeichnung, dieses Mal auf einer schwarzen Tafel. Klar zu lesen „Die Gesamtheit der Menschen hatte eine Sprache“.

Die zuerst gefundene Steintafel gab noch mehr Informationen preis. In den Zeilen 154 bis 156 steht: „Mein Herr Eridu veränderte die Sprache ihres Mundes, und das führte zu Streitigkeiten. Bis dahin hatten alle eine Sprache gesprochen“.

Ein möglicher Ursprung

Der armenische Forscher Herouni fand heraus, dass sich die derzeit bekannten Sprachen und dere Schriftzeichen auf den gemeinsamen Nenner der armenischen Herkunft zusammenführen ließen. Anhand seiner Forschungsergebnisse fertigte Herouni eine Karte mit der eingetragenen Verbreitung der Population auf der Erde an.

Propagation from Armenia
Bild: ‚Armenians and old Armenia‘, P.M. Herouni, Seite 208

Dass die Vorstellung, die Wiege der Menschheit entspringe nicht dem zentralen Afrika, sondern der Hochebene Armeniens, nicht auf viel Gegenliebe bei der in sich selbst einigen Wissenschaft stößt, liegt auf der Hand. Legte man dieser Möglichkeit noch die Berichte der Bibel und die Ausschlusskriterien für den Berg mit seinem jungen Namen Ararat gegenüber, und berücksichtigt man dazu die Ergebnisse weiterer archäologischen Forschungen, dann erscheint diese Darstellung gar nicht mal als so weit hergeholt.

Eine endgültige Gewissheit wird ausbleiben

Ob jetzt diese oder jene Stelle die tatsächliche Endstation für die unbestimmte Reise der Arche Noah in der globalen Flut gewesen ist, erscheint nicht als sehr bedeutsam. Wäre dies von großer Wichtigkeit, würde die Bibel darüber genaue Auskunft geben. Ziemlich sicher ist, dass der heutige Berg Ararat nicht mal im Ansatz etwas mit der Arche Noah zu tun hat. Auch nicht die eher unwirkliche Umgebung dieses Vulkans.

Dass dieser Berg erst in sehr später Zeit den Namen Ararat erhielt, erschiene daher als ein Ablenkungsmanöver und „Motivation-Ausbremser“, überhaupt nach der Wahrheit forschen zu wollen. Denn die „Antworten“ lägen „vorgekaut“ parat und der Besucherandrang am Berg Ararat ist ja auch ziemlich groß. Zugunsten der Region um den höchsten Berg der Türkei ist dieser Berg allemal eine touristische Attraktion. Mehr aber auch nicht.

Bibelverse aus Schlachter 2000

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