Im Verlauf der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle seitens Verantwortlicher in katholischen Einrichtungen hat einen neuen Zwischenstand erreicht. Ein Ende der notwendigen Erfassungen weiterer Opfer dürfte angesichts der jüngsten Fälle nicht in Sicht sein.
Inhalt / Content
Fortgeschrittene Aufarbeitung der Missbrauchsfälle
Die katholische Kirche sah sich wohl aufgrund der extrem hohen Zahl der aufgeflogenen Missbrauchsfälle dazu genötigt, eine eigene Kommission für die Aufarbeitung jeder einzelnen Fälle einzuberufen. Nach dem „Geschmack“ dieser Institution ist ohnehin schon viel zu viel Wind um diese Angelegenheiten aufgeweht worden. Es handelt sich schließlich auch um finanzielle Entschädigungen. Am Freitag präsentierte die „Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA)“ ihren Jahresbericht.
Demnach wurden insgesamt 1.839 Fälle des Missbrauchs untersucht. Für 1.809 Fälle willigte die UKA für die Missbrauchsopfer eine Entschädigungszahlung ein. Die gesamte Entschädigungshöhe beträgt inzwischen 40,0744 Millionen Euro. In früheren Jahren erfolgten bereits Zahlungen in Höhe von 7,2, mit folgenden 32,9 Millionen Euro für die Jahre 2021 und 2022. Nachdem Missbrauchsopfer zu ihren bereits geprüften Fällen weitere Informationen preisgegeben haben, kamen für diese weitere 800.000 Euro dazu. Die Gesamthöhe aller anerkannten Entschädigungen einschließlich der Erhöhungen beträgt 40.879.900 Euro.
Damit entfallen für jeden einzelnen Missbrauchsfall im Durchschnitt gut 22.100 Euro. Für 24 Fälle bestimmte die UKA eine Entschädigungszahlung in Höhe von über 100.000 Euro. Für 143 Fälle wurden rund 50.000 Euro angesetzt. Für annähernd 1.000 Missbrauchsfälle werden demnach 15.000 Euro oder weniger als Entschädigung ausgezahlt.
Die meisten Opfer sind männlich
Die Opfer sind mit einem Anteil von 75 Prozent mehrheitlich männlich. UKA zählte 1.357 Fälle mit männlichen Opfern und 452 Fälle mit weiblichen Opfern. Die Mehrheit der Anträge auf Schadenersatz aufgrund sexuellen Missbrauchs durch Verantwortliche einer Einrichtung der katholischen Kirche beziehen sich zu einem Anteil von 40 Prozent auf Heime.
Das Alter der Missbrauchsopfer in Heimen war zu 5,4 Prozent 0-3 Jahre, 13,8 Prozent 4-6 Jahre, 45,3 Prozent 7-11 Jahre, 24,5 Prozent 12-14 Jahre, 9,1 Prozent 15-17 Jahre, 0,3 Prozent ab 18 Jahre. Bei 1,5 Prozent der Missbrauchsfälle in Heimen wird das Alter als unbekannt deklariert.
Zu den Orden mit den meisten eingegangen Meldungen über Missbrauchsfälle zählen Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos KöR (67 Fälle), Jesuiten (33 Fälle), Provinz St. Clemens der Remptoristen e.V. (26 Fälle), Pallottiner (20 Fälle) und Salvatorianer (18 Fälle).
Auch in 2022 kamen zahlreiche Missbrauchsmeldungen ein
Auch im Jahr 2022, nachdem die massiven Missbrauchsfälle seitens katholischer Einrichtungen längst bekannt waren, sind etliche Meldungen eingegangen, darunter Deutsche Provinz der Salesianer Don Boscos KöR (16), Provinz St. Clemens der Remptoristen e.V. (15), Pallottiner (11) und Steyler Missionare e.V. (10).
In den jeweiligen Verantwortungsbereichen der Bistümer steht Münster mit 239 Missbrauchsfällen an einsamer Spitze, gefolgt vom Erzbistum Köln (147), Erzbistum Freiburg (140), Bistum Essen (126), Bistum Trier (110) und Bistum Aachen (103).
Unabhängige Mitglieder von Dt. Bischofskonferenz berufen
Die „Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen“ nahm ihre Arbeit am 01. Januar 2021 auf und besteht aus 11 Mitgliedern. Diese Mitglieder wurden von der Deutschen Bischofskonferenz berufen, nachdem sie von einem Gremium aus nichtkirchlichen Personen vorgeschlagen wurden. Die Vorsitzende, Margarete Reske, ist die ehemalige Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Köln.
Die Berufung durch die Bischofskonferenz klingt schon irgendwie pikant. Bischof bedeutet „Aufseher“ und diese rufen die Leute an Bord, welche „unabhängig“ über die Missbrauchsfälle und den einzelnen Entschädigungen zu entscheiden haben. Allein hier wird der eigene, von außen scheinbar unantastbare Rechtskreis der römisch-katholischen Kirche ersichtlich. Entsprechend fallen auch die „Entschuldigungen“ der Kirche mit ihrer selbst definierten „Gottesvertretung auf Erden“ aus.