Wird Papst Franziskus die „unfehlbaren“ Dogmen über den Primat des Bischofs von Rom für die Ökumene aufweichen, oder endet es in einer gewöhnlichen „Bauernfängerei“? Ein angekündigtes Schreiben sorgt bereits im Vorfeld für viel Nervosität.
Update: Das Schreiben ist veröffentlicht. Es ist Bauernfängerei – Info
Inhalt / Content
Neue Papststellung im Zuge der Ökumene?
Am Donnerstag will der Vatikan eine vom Papst Franziskus geschriebene Stellungnahme zu seiner Position als Primat der Kirche veröffentlichen. Der hierfür abgesteckte Rahmen betrifft die laufende Ökumene, denn im Vorfeld wurde der Titel des Schreibens bekannt gegeben und dieser verweist auf die Enzyklika „Ut unum sint“ von Papst Johannes Paul II aus dem Jahr 1995. In dieser Enzyklika forderte Johannes Paul II die christlich orientierten Kirchen dazu auf, nach gangbaren Wegen für die Ökumene nachzusinnen.
Primäre Zielgruppe: Ost-Kirche
Auch die katholische Presse wartet in gespannter Haltung auf den Wortlaut des angekündigten Schreibens von Papst Franziskus. Von womöglich dem Versuch einer „Quadratur des Kreises“ ist die Rede (Quelle), denn der Absolutheitsanspruch des Papstes ist längst formuliert. Dies richtet sich vor allem an die Ost-Kirche, da der Streit um die Anerkennung des Bischofs von Rom schon seit fast 1.000 Jahren anhält. Am 16. Juli 1054 wurde das sogenannte „Morgenländische Schisma“ vollzogen. Es kam zu einer Trennung zwischen der West-Kirche mit Hauptsitz in Rom und der Ost-Kirche mit Hauptsitz in Konstantinopel.
Rückblick auf die Historie
Neben dem Streit um die Anerkennung des Bischofs von Rom als Oberhaupt aller Kirchen gab es noch unterschiedliche Auffassungen zum Ritual der Eucharistie. Schließlich kam es zu Zwangsschließungen der lateinischen Kirchen (West-Kirche) in Konstantinopel und zu gegenseitigen Exkommunikationen. Zu Beginn versuchte das Papsttum, das Wohlwollen der nun abgetrennten orthodoxen Kirche zu gewinnen, indem man militärischen Beistand zur Verteidigung Konstantinopels entsandte.
Es blieb aber beim Nebeneinander. 150 Jahre nach der Abtrennung eroberten jedoch Franzosen und Venezianer die Hauptstadt der Ost-Kirche, plünderten diese völlig aus und errichteten ein „lateinisches Kaiserreich“. Natürlich mit lateinischen Klerikern der West-Kirche. Bis zum Jahr 1453 herrschte im Einzugsbereich der Ost-Kirche noch der römische Kaiser, zuletzt der byzantinische Kaiser Konstantin XI. Der „Überrest“ des einst römischen Imperiums endete jedoch mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen. Der neue Herrscher hieß im Anschluss Sultan Mehmed II.
Einen letzten Anlauf für den Versuch einer Wiedervereinigung unternahmen beide Parteien im Jahr 1439 auf dem Konzil zu Florenz. Es kam allerdings zu keinerlei Übereinkunft. Der bis heute andauernde endgültige Bruch zwischen West-Kirche und Ost-Kirche erfolgte im Jahr 1484. Erst im Jahr 1965 zeigte Papst Paul VI erneute Ambitionen für eine gegenseitige Annäherung. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 – 1965) hob er die im Jahr 1054 ausgesprochene Exkommunikation des damaligen Patriarchen Athinagroas von Konstantinopel auf. Die „Qualität“ dieser Maßnahme erhält ohnehin nur ihren „Wert“ innerhalb dieser ähnlich gesinnten Glaubensgemeinschaften.
Erneute Festigung des Absolutheitsanspruchs
Während des Ersten Vatikanischen Konzils (1869 – 1870) wurden jedoch Nägel mit Köpfen gemacht. Die römische Kirche definierte (erneut) den Papst als unanfechtbares Oberhaupt aller Kirchen. Im festgelegten Jurisdiktionsprimat („Leitungsgewalt“) heißt es:
„Wer also sagt, der römische Bischof habe nur das Amt einer Aufsicht oder Leitung und nicht die volle und oberste Gewalt der Rechtsbefugnis über die ganze Kirche – und zwar nicht nur in Sachen des Glaubens und der Sitten, sondern auch in dem, was zur Ordnung und Regierung der über den ganzen Erdkreis verbreiteten Kirche gehört –; oder wer sagt, er habe nur einen größeren Anteil, nicht aber die ganze Fülle dieser höchsten Gewalt, oder diese seine Gewalt sei nicht ordentlich und unmittelbar, ebenso über die gesamten und die einzelnen Kirchen wie über die gesamten und einzelnen Hirten und Gläubigen, der sei ausgeschlossen.„
Wer den Primat des Papstes, der Bischof von Rom, nicht anerkennt, muss mit dem Ausschluss, also wiederum mit der Exkommunikation rechnen.
Eine als „Geburtsrecht“ gegebene oberste Gewalt ist auch im Gesetzesbuch der römischen Kirche (CIC) festgelegt. So lautet Canon 331:
„Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden, deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann.„
(Angeblich) schon in der Antike festgelegt
Diese Formulierung war aber kein Novum. Den Absolutheitsanspruch des Bischofs von Rom erklärte die Kirche bereits im Jahr 381 beim ersten Konzil von Konstantinopel. Klar wurde formuliert, der Bischof von Rom ist das Haupt, die apostolische Spitze und der Bischof von Konstantinopel ist die Nummer Zwei. Inwiefern diese als beidseitig anerkannte Formulierung überhaupt realen Bestand hatte, sei dahingestellt. Augustinus von Hippo wusste davon nichts. Offenbar hat dieses Jurisdiktionsprimat seitens Rom ebenso Bestand wie die einst von ihr behauptete „Konstantinische Schenkung“.
Höhenflug im 11ten Jahrhundert
Mit dem Papst Nikolaus II (1058 – 1073) erlebte die Kirche Roms einen zwischenzeitlichen Zenit ihres Hochmuts. Nikolaus ließ sich als erster Papst mit der 3-fachen Papstkrone (Tiara) krönen. Er definierte sich somit als Oberhaupt des Himmels, der Erde und der Unterwelt. Also das gesamte Spektrum. Papst Gregor VII (1073 – 1085) übernahm den Höhenflug Nikolaus fließend und formulierte 27 Festlegungen über den „Primat des Papstes“. Ein Auszug:
– Die römische Kirche wurde allein durch den Herrn gegründet
– Nur der Bischof von Rum darf zu Recht universal genannt werden
– Der Bischof von Rom kann Kaiser absetzen
– Der Bischof von Rom darf von niemand gerichtet werden
– Der Papst ist der einzige Mensch, dem alle Fürsten die Füße küssen
Papst Innozenz III (1198 – 1216) erweiterte das Primat-Paket mit seiner Festlegung (Bulle Venerabilem), dass der Papst das Recht habe, die Könige festzulegen und auch zu entscheiden, ob diese für ihre Rolle qualifiziert seien. Zusätzlich legte Innozenz fest, dass das päpstliche Primat bereits in der Antike anerkannt gewesen sei. Also eine „posthume Tatsachen-Festlegung“, heute u.a. als „alternative Fakten“ bezeichnet.
Ein weiterer Meilenstein war die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil festgelegte dogmatische Lehre, dass die Kirche sowie der Papst unfehlbar seien. Dies betreffe somit automatisch auch die Feststellung des Papstprimats, da dieser schließlich innerhalb der „Unfehlbarkeit“ des Papstes ausgesprochen wurde („ex cathedra“).
Das sollte einen jeden interessieren
Gemäß dem selbst definierten Umfeld der Kirche, kann es eigentlich keine Neuregelung des „unanfechtbaren, nicht-justiziablen, unfehlbaren, unzweifelhaftem Vertreter Gottes auf Erden“ geben, die einer Reduzierung gleichkomme. Die innerhalb katholischer Kreise vorherrschende Anspannung über das angekündigte Schreiben von Papst Franziskus ist daher nachvollziehbar. Die Bezeichnung „Quadratur des Kreises“ beschreibt das vermeintlich anstehende Dilemma ganz gut.
Auch der nicht-katholische Rest der Welt sollte mit großem Interesse auf die Entscheidungen und vor allem Handlungen des „Primates in Rom“ achten. Die mehr als 1.600-jährige Geschichte belegt, dass bereits der gereichte Fingernagel des kleinen Fingers ausreicht, um sich von der römischen Kirche den ganzen Arm abreißen zu lassen. Solange diese Kirche die Macht dazu hatte, setzte sie ihren Primat-Anspruch mit aller rücksichtsloser Gewalt durch. Sie ging über Leichen. Und es liegt in ihrer Natur, dass sie ihren Machtanspruch zu keinem Zeitpunkt revidierte. Das wird sie auch niemals tun, schon gar nicht, wenn man nur noch einen halbem Fußbreit vor der gleichen politischen Position steht, wie diese das „Finstere Mittelalter“ definierte und bis 1798 anhielt.
Die „tödliche Wunde“ des einen Kopfes des Tieres (Offenbarung 13 – Info) ist fast vollständig geheilt. Das zweite Tier mit den „Hörnern eines Lammes“ ist bereits fleißig dabei, mit einer „Drachenstimme“ das Bild des ersten Tieres aufzurichten (Info).
Und es wurde ihm gegeben, dem Bild des Tieres einen Geist zu verleihen, so daß das Bild des Tieres sogar redete und bewirkte, daß alle getötet wurden, die das Bild des Tieres nicht anbeteten.
Offenbarung 13,15
Bibelverse aus Schlachter 2000