Maria dürfe nicht mehr als Mutter gepriesen werden, so eine verwunderliche Titelzeile in einem stock-katholischen Online-Magazin. Doch diese vermeintliche Rebellion entpuppt sich schnell als ein Musterbeispiel von hanebüchen Eigen-Interpretationen der Bibel. Katholisch eben.
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Zuerst Staunen, dann Ernüchterung
Die Überschrift für einen Beitrag im Internetportal der katholischen Kirche kann einem zum Staunen bringen. „Hört auf, Maria als Mutter zu preisen!“, so der Aufruf, welcher eigentlich zum exzessiven Marienkult dieser römischen Kirche ganz und gar nicht passte. Ist sie doch die „Muttergottes“ mit dem kleinen „Jesus-Kind“ in ihren Armen.
Doch bereits die ersten Zeilen bringen die große Ernüchterung. Die Erwartung, „da wird doch nicht jemand aus den eigenen Reihen gegen den im christlichen Gewand gehüllten spirituellen Totenkult rebellieren“, wird nicht erfüllt. Dann die Überraschung: „Maria werde oft auf ihre Rolle als Gebärerin und Mutter reduziert“ und von Männern „im gleichen Atemzug gerne zur schweigsamen Dienerin stilisiert“.
Mit dieser „Klatsche“ ist der erste Schimmer auf eine mögliche Besinnung auch schon wieder verdunkelt. Denn die Gründe für derlei „Mutter-Reduzierungen“ folgen prompt: „Das seien Versuche, Frauen klein zu halten“.
Katholischer Feminismus
Diese Überzeugung vertritt die Leiterin der Abteilung Kommunikation der „katholischen Frauengemeinschaft Deutschland“ (kfd) und Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift „Junia“, Friederike Frücht.
In der Tat ist Maria ohne Zweifel eine der bekanntesten Frauen im katholischen Glauben, wie Frücht hervorhebt. Für sie stehe auch der gesamte Monat Mai, ganz im Zeichen der „Gottesmutter“. Der Maria wurden im Laufe der Jahrhunderte bereits viele Beinamen gegeben und diese verleihen ihr auch einen gewissen Charakter, so die Autorin. Trotz aller Beinamen werde Maria fast ausschließlich auf ihre Rolle als Gebärerin und Mutter reduziert.
Maria maßgeblich für Heilsgeschichte?
Bis dahin könnte man die Ausführungen noch als reine Meinung und Eigenheiten der katholischen Kirche stehen lassen, aber dann wird es „kritisch“. Frücht spricht Maria eine wichtige Rolle in der Heilsgeschichte zu. Die Begrünung lautet, dass ohne Maria Jesus Christus, also Gott, nie in die Welt gekommen wäre.
Das ist schon sehr weit bei den Haaren herbeigezogen. Gott hat sich Maria ausgesucht. Punkt. Wäre es nicht sie gewesen, dann eine andere Frau. Richtig ist jedoch: Ohne Jesus Christus wäre Maria gar nicht existent. Ähnliches durften sich bereits die Pharisäer anhören, als diese die wahre Identität Jesu vehement leugneten:
Johannes 8,58
Doch diese Abhängigkeit passt eben nicht ins katholische Konzept.
Maria hat sich dafür entschieden?
Wenn man Maria lediglich als eine „passive, dienende und schweigsame Frau schlechthin“ stilisierte, dann werde gerne etwas übersehen, so die Autorin. Maria müsse äußerst willensstark und mutig gewesen sein, „sich in der patriarchalen antiken Welt für ein Kind zu entscheiden, das nicht von ihrem Verlobten war“, so Frücht.
Zur Erinnerung:
Lukas 1,30-31
Ist in diesem Text irgendein Hinweis enthalten, was eine Frage erkennen ließe? Der Engel Gabriel sagte zur Maria „du wirst schwanger werden“ und nicht „willst du schwanger werden?“. Außerdem versicherte Gabriel ihr im Vorfeld, dass sie bei Gott Gnade gefunden hat und von Ihm gesegnet ist.
Maria vertraute darauf, das Richtige zu tun, so Frücht. Ja, was tat sie denn? Nichts! Denn:
Lukas 1,35
Maria die Prophetin?
Die Autorin führt dazu an, dass gemäß Lukasevangelium Maria „prophezeite“, dass Gott Großes an ihr vollbrachte, und „er die Mächtigen vom Thron stürze und die Niedrigen erhöhe“. Schließlich verkünde hier „kein Mann, kein Jünger, kein Engel die Frohe Botschaft, sondern Maria selbst“, so Frücht.
Lukas 1,32-33
Das sagte allerdings der Engel Gabriel und Maria wiederholte bestenfalls diese Information. Die Ankündigung Gabriels kann ebenso wenig als Prophetie der Maria angerechnet werden, wie einem Vorleser eines Kapitels des Propheten Jesaja. Da gehört schon mächtig viel „Willenskraft“ dazu, Maria indirekt als Prophetin darzustellen.
Maria als Vorbild für Frauenrolle in der Kirche
Die Autorin frägt, wie Maria nur so glorifiziert werden könne, ohne „ihre wahre Rolle in der Geschichte unseres Glaubens anzuerkennen und daraus Konsequenzen für die Kirche zu ziehen?“. Die Rolle der Jünger werde doch auch auf einfachem Wege anerkannt, während „ihren Pendants der heutigen Zeit eine ‚angemessene‘ Rolle in der Institution“ zugesprochen werde. Maria sei ein Vorbild für die Frauen. Sie sei vielschichtig und habe mehr als eine Charaktereigenschaft, so die Autorin mit dem Blick auf die heutige Situation der Frauen in der katholischen Kirche.
Vom Traum zur Tradition
Mit der Argumentationsreihe der Autorin handelt es sich eben nur mit dem „exklusiven“ Glauben in der katholischen Kirche, nicht mehr und nicht weniger. Die Glaubenskongregation gibt vor und die Schäfchen haben ohne Widerspruch zu folgen.
Das Selbstverständnis des Apostolizität steht aufgrund üblicher Fehlinterpretationen ohnehin auf sehr sandigem Boden. Diese übertragene Aufgabe auf bis zu den heutigen Klerikern ist eine rein interne Definition und dürfte in Sachen Qualität in etwa der „Konstantinschen Schenkung“ gleichkommen. Also reiner Lug und Betrug. Aber wen juckt das schon?
Dennoch ist es sehr interessant nachzuvollziehen, wie wohl die eine und andere Art der irrigen Lehren dieser Kirche zustande gekommen ist und bereits seit Jahrhunderten als Tradition gelten. Eigene, sehr fantasievolle Auslegungen der Heiligen Schrift, verbunden mit eigenen Wünschen und Träumen, für die Verfolgung einer eigenen Agenda.
Bibelverse aus Schlachter 2000