Wieder griff ein katholischer Theologe in die Katechismus-Kiste und versuchte zu erklären, was es mit der Menschwerdung Jesu Christi auf sich hat. Es scheint, als war dies ein Versuch, in möglichst wenig biblischen Aussagen ein Maximum an katholischen Dogmen zu packen. Eben genau das, was einen solchen Katechismus-Lehrgang auszeichnet.
Inhalt / Content
Das Evangelium gibt eigentlich Auskunft
Maria, die Verlobte Josefs, wurde vom Engel Gabriel aufgesucht, damit er ihr die Botschaft überbringt, dass sie einen Sohn gebären wird. Maria wird schwanger werden durch Einwirkung des Heiligen Geistes. So zumindest die sehr groben Umrisse gemäß dem Evangelium. Ausführlich über die Überbringung dieser Botschaft durch Engel Gabriel berichtet der Apostel Lukas. Bereits im ersten Kapitel sind Einzelheiten sowie Dialog beschrieben. Maria war noch Jungfrau, also auch von Josef unberührt.
Der katholische Pastoraltheologe Andreas Wollbold hat dieses Ereignis der „Frohen Botschaft“ im Katechismuspodcast des katholischen Magazins „Die Tagespost“ in seiner Variante wiedergegeben.
Es hakt bereits beim „Erzengel“
Wollbold erklärt, warum dieses einem Wunder gleichendes Ereignis überhaupt notwendig gewesen sei. Hierfür erhebt der Pastoraltheologe den Engel Gabriel auch kurzerhand zum „Erzengel“. Wer die Bibel durchforstet, wird jedoch nur auf einen einzigen Erzengel stoßen und das ist Michael. Weitere Erzengel stammen wie auch die kleinen dicken Kinder-Engelchen aus dem Reich der Fantasien so manch „romantisch“ veranlagter Zeitgenossen.
Lukas 1, 26-27:
„Im sechsten Monat aber wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth gesandt, zu einer Jungfrau, die verlobt war mit einem Mann namens Joseph“
Von einem Erzengel Gabriel ist auch im „Rest“ der Bibel nichts zu finden. Dagegen aber Aussagen wie in Judas 1,9:
„Der Erzengel Michael dagegen, als er mit dem Teufel Streit hatte und über den Leib Moses verhandelte, wagte kein lästerndes Urteil zu fällen, sondern sprach: Der Herr strafe dich!“
Zeugung durch das Ohr
Der katholische Theologe erklärt, dass „der normale Weg“ zwischen Mann und Frau zur Zeugung eines Kindes nichts hervorbringen könne, was vollkommen neu ist. So viel Tugend wie sie auch besitzen mögen, „eine menschliche Zeugung durch zwei sündhafte Menschen“ könne nicht für den Neuanfang in Jesus Christus Sorge tragen. An diesem Punkt sei die „Allmacht der dritten Göttlichen Person notwendig“, so die Ausführung des Pastoraltheologen.
Da es hier nicht um etwas ginge, „etwas zu behaupten, was gegen alle menschliche Erfahrung und gegen allen Verstand wäre“, handelt es sich also um ein Wunder und nicht um ein Mirakel. Denn es gehe darum zu sagen, „hier beginnt etwas allein aus der Kraft Gottes.“
Maria habe ihren Sohn „durch das Ohr“ empfangen, so Wollbold anhand einer ohne Quellenangabe übermittelten „Frommen Überlieferung“. Dies sei gar keine seltsame Vorstellung, so der Theologe. Denn das Ohr ist „das Organ des Hörens, des Aufnehmen des Wortes“. Die geistliche Mutterschaft sei hier wahrhaft verwirklicht worden, gemäß „wer auf den Willen des Vaters hört, der ist Vater und Mutter für Jesus“.
Damit war dieser „Katechismus-Lehrgang“ auch schon beendet.
Wieder kommt Arroganz zum Vorschein
Mal abgesehen vom infantilen Gedanken, man brauche nur durch das Ohr zu hören, um mit Jesus Christus in (geistliche) Verwandtschaft zu kommen, ist das übertragene Bild dazu völlig falsch. Einmal steht in diesem Zusammenhang „hören“ für nicht nur eine akustische Wahrnehmung, sondern auch für Gehorsam. Also auch das Befolgen, was man vom Vater gehört bzw. gelesen hat. Um zu erfahren, was der Wille Gottes ist, braucht man nur die Bibel aufzuschlagen (nicht den Katechismus).
Wer die niedergeschriebenen Worte Gottes liest, wird auch auf die passende Bibelstelle stoßen. Diese Stelle hat der „Theologe“ aber nach katholischer Auffassung einfach uminterpretiert. Im Original heißt es in Matthäus 12,50:
„Denn wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter!„
Der Mensch kann Bruder, Schwester oder Mutter Jesu sein, aber niemals der Vater. Doch die römisch-katholische Kirche nimmt dies bekannterweise nicht so genau und dazu werden von dieser Institution Ermahnungen einfach ignoriert oder umgeschrieben, sollte diese nicht in den eigenen Kram passen. So zum Beispiel auch erkenntlich in Matthäus 23,9:
„Nennt auch niemand auf Erden euren Vater; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.„
Es ist logisch, dass nur der Vater (im Himmel) der einzige Vater sein kann und niemals ein Mensch. Aber die römisch-katholische Kirche setzt sich einfach darüber hinweg, nennt ihren „Obersten“ sogar „Heiliger Vater“ und animiert auch noch die Menschen dazu, es ihrer Anmaßung und Arroganz gleichzutun.
Maria befleckt oder unbefleckt?
Doch mit einer Aussage überrascht der katholische Theologe. Die Zeugung Jesu Christi als Mensch durch „zwei sündhafte Menschen“ als nutzlos darzustellen ist zwar richtig, aber widerspricht das nicht dem katholischen Dogma einer „unbefleckten Maria“ gemäß dem Katechismus? Entweder hat der Theologe wie auch in Bezug zum Evangelium den Faden zum katholischen Lehrbuch verloren, oder er hat den Gedanken nicht zu Ende geführt. Auch wenn diese Idee der „Unbeflecktheit“ der „Mutter Gottes“ eine sehr junge als Dogma erhobene Eingebung dieser Kirche ist, steht diese Erzählung doch immerhin seit dem Jahr 1854 als offizielle Glaubensvorgabe durch den „unfehlbaren“ Pontifex Pius IX. im Katechismus an Stelle Nr. 491. Demnach sei Maria „mit Gnade erfüllt“ bereits bei ihrer Empfängnis erlöst worden. Die „seligste Jungfrau Maria“ wurde von „jeglichem Makel der Urschuld“ im Augenblick der Empfängnis befreit, so die katholische Lehre.
Bis zur „frohen Botschaft“ über eine leibliche Himmelfahrt Mariens musste übrigens die Welt noch bis zum Papst Pius XII. warten. Durch „seine Unfehlbarkeit“ erkannte der Pontifex erst im Jahr 1950, dass Maria gewiss mit Leib und Seele in den Himmel aufgefahren sei und fügte diese Eingebung den katholischen Dogmen kurzerhand hinzu. Bis dahin zelebrierte man diese Fiktion quasi inoffiziell.
Das Evangelium war wohl gar nicht gemeint
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele dem Evangelium völlig fremden Lehren in ein so schmales Paket an vermeintlicher Erklärung gepackt werden kann. Es scheint dem katholischen Theologen auch gar nicht um die Überlieferung der Schrift gegangen zu sein, sondern um die Aufwärmung bzw. Einprägung katholischer Dogmen.
Nun bliebe aber noch die Frage offen, zu welchem Zeitpunkt genau Maria gemäß katholischer Lehre von ihrer „Urschuld“ befreit worden sei. Noch unmittelbar bevor die Worte Gabriels in ihr Ohr bis zum Trommelfell drangen oder exakt zur gleichen Zeit? Denn die „Unbeflecktheit“ Marias müsse ja vor der Zeugung sichergestellt sein, ansonsten hätte sie ja noch ihre „Urschuld“ anhaften. Ob Franziskus schon dabei ist, diese Frage anhand von über die geistlichen Übungen seines Ordensgründers gewonnenen Eingebungen zu klären?
Bibelverse aus Schlachter 2000