Zu den dauerhaften Streitigkeiten zwischen protestantischen und der römisch-katholischen Kirchen zählt die Anzahl der im biblischen Kanon enthaltenen Bücher. Dabei braucht man sich diese „Sonder-Schriften“ nur genauer anzuschauen, um zu erkennen, dass der Rauswurf aus dem Kanon nicht nur gerechtfertigt, sondern überfällig war.
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Protestanten haben Bibel „zensiert“
Die sog. protestantischen Bibeln unterscheiden sich von den katholischen Bibeln vor allem anhand der Anzahl der enthaltenen Bücher. Die Differenz liegt bei 7 Büchern und ist bereits auf den ersten Blick erkennbar. 66 Bücher in protestantischen Büchern und 73 Bücher bei der römisch-katholischen Variante. Der tiefere Blick zeigt sogar teils gravierende Unterschiede auch im geschriebenen bzw. übersetzten Textpassagen.

Geradezu alarmierend ist, dass die Kirche Roms auch die neuen, von protestantischen Gemeinden genutzten Bibelübersetzungen abgesegnet hat. Diese auf den von Nestle und Aland überarbeiteten Grundtexten basierenden Bibeln erfüllen sichtlich die „Standards“ der laufenden Ökumene (Info).
Der Streit um die „vermissten“ 7 Bücher geht schon seit vielen Jahren. In der Regel wird bei der Argumentation allerdings der Spieß umgedreht und behauptet, die (ersten) Protestanten haben diese Bücher unberechtigt hinausgeworfen bzw. zensiert. Tatsächlich formulierte die Kirche Roms beim Konzil zu Trient den Kanon der Bibel erneut. Betrachtet man die zusätzlichen 7 Bücher etwas genauer, dann sind diese Schriften durchaus mit Berechtigung hochkant hinausgeworfen worden.
Die in den katholischen Bibeln zusätzlich enthaltenen Bücher sind Tobit, Judith, 1 Makkabäer, 2 Makkabäer, Buch der Weisheit (Weisheit Salomon), Sirach und Baruch. Das Buch Daniel enthält gegenüber den „normalen“ Bibeln zwei weitere Kapitel und auch ein „erweitertes“ Buch Esther
Eine weitere Besonderheit weist die Erz-katholische Bibel Douay-Rheims auf. Diese Bibel wurde in der zweiten Hälfte des 16ten Jahrhunderts als direkte Antwort auf die Reformation „entwickelt“. Diese Ausgabe enthält mit 3 Esras und 4 Esras noch zwei zusätzliche Schriften.
Grobe Umrisse zu den Zusatzbüchern
Folgende Beschreibungen zu den in den katholischen Bibeln enthaltenen Extra-Büchern zeigen lediglich grobe Umrisse auf, die aber durchaus aufzeigen, dass der Rauswurf dieser Sonderschriften aus den reformierten Kanon begründet werden kann.
Das Buch Tobit
Dieses Buch ist im 2. bis 3. Jahrhundert vor Christus entstanden, im Gebiet von Elephantine in Ägypten, alternativ auch in der östlichen Diaspora (Persien). Weitere Historiker sprechen von Judäa. Somit ist nicht gesichert, wo diese Schriften exakt entstanden sind. Auffällig sind in den enthaltenen Geschichten die geografischen und historischen Ungenauigkeiten. Die Hauptperson, Tobit, wurde 112 Jahre alt, aber er hatte es mit Begebenheiten zu tun, die sich über einen Zeitraum von rund 300 Jahren erstrecken. Bei einer erzählten Reise von Ninive nach Rages, eine Distanz von rund 300km, habe Tobit lediglich 2 Tage gebraucht.
Hinzu kommen Erzählungen, die an Alchemie und Zauberkünste erinnern, nicht aber an das Evangelium. In Tobit, Kapitel 6, habe ein Engel zu Tobias (Sohn von Tobit) gesagt, dass er für die Gewinnung von Heilmitteln das Herz, die Leber und die Galle aus einem Fisch herausschneiden müsse. Dieser Engel sei „Rafael“ gewesen. Dieser erklärte, dass Herz und Leber des Fisches in der Gegenwart eines von einem Dämon besessenen Menschen verbrannt werden solle, um somit den Dämonen auszutreiben.
Das Buch Tobit ist somit eine rein fiktionale Erzählung. Eine Fantasiegeschichte.
Das Buch Judith

Das Schriftstück Judith tauchte erstmals in der Septuaginta (LXX – Info) auf. Die Entstehung dieses Buches war im Laufe des 1ten Jahrhunderts vor Christus. Eine weibliche Figur, die vor allem den Übersetzer Hieronymus bei der Übersetzung in die lateinische Vulgata dazu inspirierte, den ohnehin schon zweifelhaften Berichten noch zusätzliche Änderungen beizufügen. Er konstruierte für Judith eine Keuschheit und ein Eingreifen Gottes, obwohl in der griechischen Vorlage der LXX Judith alleine handelte.
In Judith wird König Nebukadnezar als ein assyrischer Herrscher dargestellt. Das ist jedoch historisch völlig unhaltbar, denn Nebukadnezar überfiel nicht nur die assyrische Stadt Ninive, sondern löste das assyrische Reich mit seinem babylonischen Reich sogar ab. Nebukadnezar war Chaldäer und kein Assyrer.
Judith wird als eine Heldin dargestellt, die Israel vor der Belagerung durch die Assyrer mit 183.000 Mann gerettet habe. Demnach schlug Judith dem assyrischen Feldherrn Holofernes den Kopf ab. Was aber tatsächlich geschah, kann in 2. Könige 19:35-37 nachgelesen werden.
Auch das Buch Judith kann als eine Fiktion bezeichnet werden.
Erweitertes Buch Esther
In der katholischen Variante befindet sich eine Erweiterung des Buches Esther. Entstehungszeit war 3tes Jahrhundert vor Christus im Gebiet Persien, also zu Beginn des Reiches Griechenlandes und den vorherrschenden Diadochenkämpfen. Der Bibelübersetzer fügte für die katholische Vulgata die in der LXX enthaltenen zusätzlichen Kapitel 11 bis 16 hinzu. Es handelt sich um insgesamt 105 weitere Verse.
Bücher 1 und 2 Makkabäer
Das 1. Buch Makkabäer ist im Zeitraum 135/134 vor Christus entstanden. Das 2. Buch wurde in der zweiten Hälfte des 1ten Jahrhunderts vor Christus niedergeschrieben. Makkabäer waren Aufständische gegen das griechische Seleukidenreich. Hervorstechend im 1 Makkabäer ist, dass vor allem Rom besonders positiv dargestellt wird, während im 2 Makkabäer Anweisungen für Gebete für Tote enthält, sowie die Darbringung von Opfern für die Sünden bereits Verstorbener.
Buch der Weisheit
Dieses Buch ist im Gebiet Alexandria, Ägypten, im 1ten Jahrhundert vor Christus entstanden. Es ist auch nicht im jüdischen Tanach enthalten. Die vermeintlichen Aussagen Salomons sind durchzogen von gnostischen „Weisheiten“. Beispiele:
„Das Wesen der Weisheit“
Weish 7,26-27:
„Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, / der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, / das Bild seiner Vollkommenheit.
Sie ist nur eine und vermag doch alles; / ohne sich zu ändern, erneuert sie alles. Von Geschlecht zu Geschlecht tritt sie in heilige Seelen ein / und schafft Freunde Gottes und Propheten;“
Weish 7,29:
„Sie ist schöner als die Sonne / und übertrifft jedes Sternbild. / Sie ist strahlender als das Licht;“
Die rettende Macht der Weisheit (Kapitel 10)
Weish 10,1:
„Sie hat den Urvater der Welt nach seiner Erschaffung behütet, als er noch allein war; sie hat ihn aus seiner Sünde befreit.“
Weish 10,12:
„Sie beschützte ihn [Jakob] vor seinen Feinden und gab ihm Sicherheit vor seinen Verfolgern. In einem harten Kampf verlieh sie ihm den Siegespreis, damit er erkannte, dass Gottesfurcht stärker als alles andere ist.“
Weish 10,18:
„Sie führte sie [Israel] durch das Rote Meer und geleitete sie durch gewaltige Wasser.“
Das Buch Sirach
Diese Schrift, auch Ben Sira oder Jesus Sirach genannt, entstand um 190 bis 180 vor Christus in Jerusalem. Auffällig in diesem Buch sind die Analogien des Ben Sira mit der „Göttin Isis“ der antik ägyptischen Mythologie. Mit der Tora des Mose sei die „inkanierende kosmische Weisheit“ in die Welt gekommen. Ein übergeordneter Gott der Gottheiten, z.b. in Sir 24,23 (Lob der Weisheit):
„Dies alles ist das Buch des Bundes des höchsten Gottes, / das Gesetz, das uns Mose aufgetragen hat, / Erbteil für die Gemeinden Jakobs.“
Auch mit Buch Sirach haben Gnostiker ihre Weltsicht auf Papier gebracht.
Buch Baruch
Bei diesem Buch war der Autor offensichtlich nicht selbstbewusst genug, um dies unter seinem eigenen Namen zu schreiben. Baruch ist entstanden in der zweiten Hälfte des 2ten Jahrhunderts vor Christus. Der darin angegebene Autor war angeblich der Schreiber des Propheten Jesaja. Diese Unwahrheit deckt der Autor gleich selbst auf, indem er zu erkennen gab, dass ihm Daniel 9 und auch Sirach 24 bekannt waren. Also Schriften, die lange nach Jesaja entstanden sind.
Hinzu kommt, dass der Text ein sehr stark hebarisiertes Griechisch aufweist. Also lediglich im Hebräisch vorkommenden Formulierungen, direkt ins Griechische übersetzt. Dazu sind gegenüber dem ursprünglich hebräischen Werk erhebliche Übersetzungsfehler enthalten.
Mit Buch Baruch handelt es sich eindeutig um eine sog. Pseudografie. Ein nicht bekannter Autor, der sich als ein anderer ausgab als er tatsächlich war.
Zusatzkapitel Buch Daniel

In der katholischen Variante enthält das Buch Daniel zwei weitere Kapitel (13 und 14). Dies wurde übernommen von der griechischen LXX. Hinzu kommen Ergänzungen in Kapitel 3. Man unterstellte den Männern im Feuerofen, dass sie Gesänge darbrachten.
In Kapitel 13 rettet demnach Daniel eine Susanne in Babel. Allerdings gibt es abweichende Erzählungen, je nach gefundener Kopie.
In Kapitel 14 erscheint Daniel als ein Kämpfer gegen die babylonische Gottheit Marduk auf. Weil Daniel den Götzendienst Babylons aufgedeckt habe, habe der babylonische Herrscher mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem geantwortet. Dies widerspricht der Ankündigung Gottes, das Volk Judah in eine Gefangenschaft führen zu wollen, aufgrund ihres widerspenstigen Ungehorsams Gott gegenüber, völlig.
Kapitel 14 schildert als Grund, dass Daniel in die Löwengrube geworfen wurde, weil der Prophet den „vergöttlichten Drachen“ getötet haben solle.
Mit den beiden Zusatzkapiteln im Buch Daniel handelt es sich um Fiktionen
Bücher 3 und 4 Esras
Die Bücher 3 und 4 Esras entspringen wiederum der Septuaginta (LXX). Diese wurden direkt übernommen für die lateinische Vulgata. Die Bezeichnung 3 und 4 ist der Einteilung in der Vulgata geschuldet und kann daher in anderen Bibeln auch anders bezeichnet sein.
Das 4. Buch Esra entstand um 100 nach Christus. Der Erzähler versetzt jedoch Esra in die Zeit um 587 vor Christus. Er konstruiert somit die Zerstörung des Tempels im Jahr 70 nach Christus als die Zerstörung des Tempels durch die Babylonier. Zudem wird erzählt, dass Esra Visionen vom „Erzengel Uriel“ erhielt.
Von besonderem Interesse ist das 3. Buch Esra. Es weist neben zahlreichen Parallelen zu 2. Chroniken vor allem eine abgeänderte Abfolge der Ereignisse unter den Medo-Persischen Königen Darius, Xerxes und Artaxerxes auf. Dass ausgerechnet das 3. Buch Esra in der jesuitisch motivierten Douay-Rheims-Bibel, also die Gegenreformations-Bibel, auftaucht, hat einen konkreten Grund.
Ein zentrales Anliegen der Jesuiten war die Vernichtung der Reformation und deren Erkenntnis des Papsttums als der biblische Antichrist (Info). Daher formulierte dieser Orden, federführend durch Franziskus Ribera und Robert Kardinal Bellarmine, wie auch Manuel Lacunza, eine neue Version der Prophetien. Damit sollte der Antichrist in eine fiktive Zukunft verlegt werden (Info).
Eine wesentliche Prophetie der Bibel stützt sich auf zeitliche Ereignisse während des Königs Artaxerxes. Sein Befehl, die Stadt Jerusalem wieder aufzurichten (457 v.Chr.) ist der Beginn der äußerst wichtigen Prophetien im Buch Daniel (z.B. 70-Jahr-Woche – Info). Auf den gleichen Befehl stützt sich auch die längste Vorhersage der Bibel, die 2300 Jahre „bis zur Bereinigung des Heiligtums“ (Info). Werden nun die geschichtlichen Ereignisse wie in 3. Buch durcheinandergeworfen, dann laufen die Prophetien entweder ins Leere und können für die Erdichtung eigener Geschichten missbraucht werden. Eben dies hat der katholische Jesuitenorden vollzogen.
Auch mit den 2 Büchern Estern handelt es sich um Pseudografie und Fiktionen.
Fazit: Rauswurf war überfällig

Alleine die Tatsache, dass diese Bücher lange nach dem letzten Propheten des Alten Testamentes (Maleachi) entstanden sind, weisen auf die nicht lautere Absichten dieser Autoren hin. Die jüdischen Gemeinden hatten es damals schon tunlichts vermieden, dass derlei Schriften in die Tempelanlage zu Vorlesungen gelangen konnten. Sie wussten um die gnostischen Inhalte, beeinflusst vom Hellenismus bzw. den griechischen Philosophien.
Die Bibelkenntnis war bis kurz vor der Reformation alles andere als selbstverständlich. Die katholischen Priester wussten, lehrten und handelten lediglich so, wie man es ihnen beibrachte. Eben nur die Traditionen dieser Kirche. Mit der Reformation änderte sich diese Misere. Die Bibel wurde gelesen, die Wahrheit ebenso erkannt, wie die institutionellen Lügen der römischen Kirche. Jene, die dem Wort Gottes glaubten, „tendierten“ zum Protestantismus. Andere wiederum sahen in der Kirche Roms die höhere Autorität und setzten ihren Götzendienst weiterhin fort.
Auch heute noch rechtfertigen katholische Geistliche das Für- und Anbeten von Toten anhand den o.g. Büchern. Der Rauswurf dieses gnostischen Unfugs aus dem biblischen Kanon ist daher nicht nur gerechtfertigt, sondern war unbedingt erforderlich.
Etwas überspitzt könnte man mutmaßen, hätten es Zeit und Umstände erlaubt, würde die römisch-katholische Kirche auch Schriften wie „Starwars Trilogie, Alice im Wunderland und Herr der Ringe“ in den Kanon aufgenommen haben.
Fürwahr, ich bezeuge jedem, der die Worte der Weissagung dieses Buches hört: Wenn jemand etwas zu diesen Dingen hinzufügt, so wird Gott ihm die Plagen zufügen, von denen in diesem Buch geschrieben steht; 19 und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buches dieser Weissagung, so wird Gott wegnehmen seinen Teil vom Buch des Lebens und von der heiligen Stadt, und von den Dingen, die in diesem Buch geschrieben stehen.
Offenbarung 22,18-19
Bibelverse aus Schlachter 2000