Das Thema „Dritter Tempel“ in Jerusalem wird derzeit wieder hochgekocht. Die jüdischen Gemeinden, auch sogenannte Messianische Juden und sogar evangelikale Kreise erwarten die Errichtung des dritten Tempels in der biblischen Stadt Jerusalem. Warum eigentlich?
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Der erste Tempel
Der erste Tempel in Jerusalem wird auch Salomonischer Tempel bezeichnet. Errichter dieses Monumentalbautes war Israels König Salomon. Mit dem Tempel erhielt die heilige Stätte des Volkes Israels auf dem Tempelberg eine feste Position. Zuvor diente die schon kurz nach dem Auszug Israels aus Ägypten errichtete Stiftshütte als quasi transportabler Tempel. Der prinzipielle Aufbau des Tempels entsprach der vorgegebenen Einrichtung der Stiftshütte (Info).
Der Zeitpunkt der Errichtung des ersten Tempels von Salomon ist nicht ganz geklärt. Gemäß biblischen Angaben erfolgte der Beginn des ersten Tempels im vierten Jahr der Regentschaft Salomos, 1. Könige 6,1:
„Und es geschah im vierhundertachtzigsten Jahr nach dem Auszug der Kinder Israels aus dem Land Ägypten, im vierten Jahr der Regierung Salomos über Israel, im Monat Siv, das ist der zweite Monat, da baute er dem Herrn das Haus.„
Geht man gemäß der Berücksichtigung der biblischen Chronik aus, handelt es sich ungefähr um das Jahr 970 v. Chr. Der Monat Siv (Ijjar) war zu biblischen Zeiten der 2. Monat (heute 8. Monat – Info) und fiel nach heutigem, gregorianischen Kalender in den Bereich April/Mai.
Zerstörung des ersten Tempels
Nachdem das neue Großreich Babylon unter dem König Nebukadnezar das Land Juda eroberte und Jerusalem einnahm, erfolgte im Jahr 586 v.Chr die Zerstörung des ersten Tempels. Seit dieser Zeit gilt auch die Bundeslade als verschollen. Lebendig sind jedenfalls die vielen Geschichten und Legenden über den Verbleib der Lade des Bundes.
Der zweite Tempel
Die Bewohner Jerusalems wurden nach Babel verschleppt und lebten dort im Exil. Babylon wurde von den Medo-Persern in einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ eingenommen. Die Stadt Babel fiel binnen einer Nacht. Der neue persische König Kyrus der Große erlaubte den Judäern die Rückkehr nach Jerusalem. Der vom König ernannte Statthalter war Serubbabel.
An dieser Stelle streiten sich die vielen „Geister der Wissenschaftler“, wer von den Königen Medo-Persiens, entweder Kyrus oder Artaxerxes I, den Befehl zum Wiederaufbau des Tempels gab. Von diesem Umstand hängt eine äußerst wichtige Prophetie im Buch Daniel, Kapitel 9 ab.
Prophetie in 70-Jahrwoche
Mit der sog. 70-Jahrwoche wurde die Ankunft von Jesus Christus und Sein Wirken vorhergesagt (Daniel 9 – 70-Jahrwoche – Info). Ein Zeitraum vom insg. 490 Jahren, an dessen Ende (letzte Woche) Jesus Christus im Mittelpunkt steht. Diese 490 Jahre haben einen Startzeitpunkt und dieser ist beschrieben mit dem „Befehl zum Wiederaufbau des Tempels“. Wer gab diesen Befehl zu welchem Zeitpunkt?
Der wissenschaftliche Favorit Kyrus
König Kyrus regierte zwischen 539 und 530 v.Chr. Der Nachfolger Darius hatte die Regentschaft zwischen 522 und 486 v.Chr. inne. Im Anschluss kam Artaxerxes (Xerxes) zum Zuge. Er regierte von 486 bis 465 v.Chr.
„Wissenschaftlich“ favorisiert für den Befehl zum Wiederaufbau des Tempels ist König Kyrus. Gemäß Esra 6,3-5 befahl Kyrus im ersten Jahr seiner Regentschaft die Errichtung eines Gotteshauses. Allerdings handelte es sich um ein „Kleinformat“ bzw. Provisorium nach seinen Angaben und nicht nach den Angaben Gottes. Demnach wäre, sofern man diesen Bau als den zweiten Tempel definierte, im Jahr 538 v.Chr. In Verbindung mit der Prophetie von einem Zeitraum von 483 Jahren (490 Jahre -7 Jahre), müsste der in Daniel 9 angekündigte Messias im Jahr 55 v.Chr. erschienen bzw. aktiv geworden sein. Allerdings ist dieses Jahr biblisch völlig unbedeutend.
Artaxerxes wird eher ignoriert
Viele Jahre später bevollmächtigte König Artaxerxes den Judäer Esra für den vollständigen Aufbau des Tempels. Der König stellte sogar die finanziellen Mittel zur Verfügung. Das wichtigste: Artaxerxes bestand darauf, den Tempel nach den Vorgaben Gottes zu gestalten, Esra 7,23:
„Alles, was nach dem Befehl des Gottes des Himmels ist, das soll für das Haus des Gottes des Himmels mit großer Sorgfalt ausgeführt werden, damit nicht ein Zorn über das Reich des Königs und seiner Söhne kommt.„
Dieser Befehl von Artaxerxes erging im Jahr 457 v.Chr. Gemäß der Prophetie, zu welchem Zeitpunkt der Messias erscheint (nach 483 Jahren), landete man in diesem Fall im Jahr 27 n.Chr (das Jahr „0“ nicht mitzählen, es gibt kein Jahr „0“). Was passierte in diesem Jahr? Jesus Christus wurde getauft und nahm somit Seinen Dienst an die Menschen auf.
Artaxerxes gab den richtigen Befehl
Damit liegt es auf der Hand, dass der Befehl Artaxerxes der Startpunkt der Prophetie ist und nicht der Befehl Kyrus. Der ab 538 v.Chr. errichtete Tempel war bestenfalls ein Provisorium. Würde Gott ein größeres Gartenhaus aus dem Baumarkt als Seinen Tempel und somit Wohnsitz bei Seinem Volk akzeptierten? Niemals!
Der von Gott an Moses gegebene Bauplan für die Stiftshütte war bis ins Detail beschrieben und musste eingehalten werden. Denn jedes Detail hat seinen ganz speziellen Sinn, als Abbild des Himmlischen Heiligtums. Artaxerxes dagegen legte Wert darauf, dass Esra den Tempel gemäß Gottes Beschreibung errichtet.
Kyrus mit Kalkül erkoren
Dass aber dennoch Kyrus als „der König des zweiten Tempels“ bezeichnet wird, hat einen profanen Grund. Jesus Christus wird bekanntlich vom Judentum nicht als der angekündigte Messias anerkannt. Damals nicht und heute auch nicht. Die Prophetie in Daniel 9 ist für jene ein Tabu, ebenso wie die Beschreibungen in Jesaja 53 entweder ignoriert werden, oder äußerst fantasievoll interpretiert werden. Der Befehl Kyrus als Startzeitpunkt für die 490 Jahre landete am Ende des Zeitablaufs im Nirgendwo.
Auch der von den Messianischen Juden erwartete Messias hat nichts mit dem Jesus Christus zu tun, dessen zweites Erscheinen erwartet wird. Es ist ein „anderer“ Messias, wie auch, und hier wird es besonders kritisch, der von den Evangelikalen erwartete Jesus nicht der wahre Jesus Christus sein kann.
Im Rahmen des Futurismus und Dispensationalismus sehen diese Evangelikalen die Prophetie gemäß Daniel 9 zu einem Teil in der Vergangenheit und Vers 27, völlig willkürlich, in der Zukunft („künftiger Antichrist“). Diese Lehren wurzeln in den Ideen von Jesuiten – Info.
Zerstörung des zweiten Tempels
Ob nun der im Judentum nicht als der Sohn Gottes akzeptierte Jesus Christus, oder der von Evangelikalen quasi neu definierte Jesus, das Festhalten an Kyrus als Befehlsgeber für den zweiten Tempel, verwirft den Beleg, dass die Prophetie Daniels tatsächlich erfüllt wurde. Das erscheint so als erwünscht.
Die Zerstörung des zweiten Tempels wurde von Jesus Christus vorhergesagt (Matthäus 24). Im Jahr 70 n.Chr. folgte unter dem römischen Feldherrn Titus die Eroberung Jerusalems, bei dem auch der Tempel nicht nur niedergebrannt ist, sondern auch die Mauern vollständig eingerissen wurden.
Der dritte Tempel
Inzwischen scheint der Beginn des Baus des dritten Tempels in greifbare Nähe gerückt zu sein. Die Gerätschaften (z.B. Räucheraltar, Menora, etc.) stehen längst bereit (Quelle). Auch die Kleidung für die Priester sind fertiggestellt. Rote Kühe wurden bereits ins Land geflogen und „warten“ auf ihre Opferung. Es fehlte „nur“ noch der Tempel.
Das „dezente“ Problem ist derzeit noch, dass auf dem Berg, auf dem der dritte Tempel errichtet werden soll, seit Jahrhunderten eine Moschee steht. Hier fehlte es noch an einer „Einigung“.
Wer in der Bibel nach einem Hinweis auf den Bau eines dritten Tempels sucht, wird nichts finden. Die Hauptstütze für die Begründung, überhaupt einen dritten Tempel errichten zu wollen, liegt in der Aussage Gottes, dass Er Sein Volk (Israel) nicht verwerfen wird. Somit sei dies Grund genug, einen weiteren Tempel zu errichten.
Fortgesetzt offene Ablehnung Jesu Christi
Welchen Zweck erfüllt ein Tempel? Es ist eine Opferstätte. Somit sollen mit dem dritten Tempel die Opferrituale wieder eingeführt werden. Opferung wofür? Für die Vergebung der Sünden und als wohlwollende Opfergabe. Damit wird klar, dass die „Inbetriebnahme“ eines weiteren Tempels samt Opferungen die fortgesetzt demonstrierte Ablehnung Jesus Christi darstellt.
Jesus Christus gab sich selbst als einmaliges und immerwährendes Sühneopfer. Er bezahlte mit Seinem eigenen Blut, welches in den Tempeln (Stiftshütte) durch das geschlachtete Lamm symbolisiert wurde. Mit der Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi waren die Opferungen im Tempel ersatzlos aufgehoben.
Der Vorhang zum Allerheiligsten riss von oben nach unten vollständig durch. Die Zeremonialgesetze waren damit aufgehoben (nicht die 10 Gebote – Info).
Fertigstellung dritter Tempel fraglich
Es ist äußerst fraglich, ob es überhaupt zur Fertigstellung und damit offensiv präsentierten Ablehnung Jesu Christi kommen wird. „Siehe, euer Haus wird euch verwüstet gelassen werden„, so Jesus zu den Pharisäern (Matthäus 23,38). Für die Apologeten eines künftig erscheinenden „Antichristen“ wäre dieser Tempel ebenfalls erforderlich. Denn dieser „Zukünftige“ wolle sich in diesen Tempel setzen.
Doch diese übersehen – gänzlich unverständlich – dass der „Antichrist“ schon längst, seit Jahrhunderten unter der Menschheit weilt und die „Geister“ völlig durcheinander bringt (Info). Die Verkünder eines künftigen „Antichristen“, eines irdischen Friedensreiches und einer „geheimen Vorentrückung“ sind der beste Beweis für den leidigen Erfolg des Widersachers.
Stattdessen betrachten sie die „Erfüllung“ einer Menschen-ersonnenen „Prophetie“, warten wohl vergeblich auf einen „Antichristen“ mangels eines Tempels und übersehen dabei völlig, dass die gezinkten Karten von Rom ausgehend ständig neu verteilt werden.
Paulus, also im ersten Jahrhundert nach Christus, machte „klipp und klar“, dass der Widersacher schon dabei ist, sein Werk zu verrichten:
Denn das Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist schon am Wirken, nur muß der, welcher jetzt zurückhält, erst aus dem Weg sein;
2. Thessalonicher 2,7
Bibelverse aus Schlachter 2000