Die Taufe von Kleinkindern und Säuglingen seien auf Glauben basiert, so die These eines evangelischen Theologen, als Antwort auf eine entsprechende Antwort. Die kleinen Täuflinge haben demnach ein Bewusstsein für ihr Bedürfnis.
Inhalt / Content
Haben Säuglinge einen Glauben?
Ein Leser fragte beim Online-Forum der Evangelischen Kirche nach, ob Kleinkinder einen Glauben haben, um so getauft werden zu können (Quelle). Der Interessierte beruft sich auf Martin Luther, der der Ansicht war, dass Säuglinge und Kleinkinder einen Glauben hätten. Ein Glauben sei bei Kindern auch Voraussetzung, da es sich sonst um einen Missbrauch des Sakramentes handelte. Mutmaßlich habe sich Jesus Christus nicht auf Säuglinge bezogen, als Er aussprach, wie in Markus 10,14-15 beschrieben:
„Als das Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Laßt die Kinder zu mir kommen und wehrt ihnen nicht; denn solcher ist das Reich Gottes! Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen!„.
Die Frage lautete, wie man sich den Glauben der Kleinkinder vorstellen solle.
Die Antwort der Expertise
Für Luther sei die Kindertaufe eine Selbstverständlichkeit, so die Antwort der Expertise (weitere Expertisen – hier). Dennoch habe auch Luther ein Problem damit gehabt. Für den Reformator komme der Glaube vor der Taufe und nicht die Taufe bewirke den Glauben. Dies bedeutete, dass auch Säuglinge einen Glauben haben, andernfalls dürfte diese nicht getauft werden. Das sei jedoch eine Behauptung derjenige, die behaupten, eine Kindertaufe sei ungültig, so der antwortende Theologe.
Für Luther sei die Taufe ein „göttlich Ding“ gewesen, da Gott selbst die Taufe einsetzte und nicht der Mensch. Der Bezug sind die Aussagen in Matthäus 28,19:
„So geht nun hin und macht zu Jüngern alle Völker, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“
und in Markus 16,19:
„Der Herr nun wurde, nachdem er mit ihnen geredet hatte, aufgenommen in den Himmel und setzte sich zur Rechten Gottes.„
Davon sei abzuleiten, so der Theologe, dass nicht der Menschen einen anderen, sondern Gott selbst taufe. Gott gieße den Heiligen Geist bei der Taufe über den Täufling aus. Wäre aber die Kindertaufe nun ungültig, „wo hätten die vielen heiligen Menschen der Christenheit, die sichtlich mit dem Heiligen Geist erfüllt waren, diesen denn her haben sollen?„, so der Theologe.
Ein seltsames Argument
Hier zäumt der Experte mit seiner Argumentation das Pferd von hinten auf. Als wenn der Heilige Geist erst die „Erlaubnis“ für Wirken oder den „Zugang“ zum Menschen hätte, wenn dieser getauft worden ist. Nicht nur Luther, sondern auch Bibel sagt sehr wohl aus, dass vor der Taufe zuerst der Glaube vorhanden sein muss. Dieser Hinweis ist zu finden in Apostelgeschichte 8,37: „Da sprach Philippus: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so ist es erlaubt! Er antwortete und sprach: Ich glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist!“
Alle im Neuen Testament erwähnten Taufen betrafen in keinem Fall Kinder oder sogar Säuglinge. Es handelte sich somit um Erwachsene. Bisher alle ungetauft. Wie sollten denn diese, sofern man der Argumentation des Theologen folgt, ohne vorangegangene Taufe im Säuglingsalter zum Glauben gefunden haben? Es liegt auf der Hand, nach der Himmelfahrt Jesu Christi durch das Wirken des Heiligen Geistes.
Dass aber ausgerechnet, neben unzähligen weiteren Bibel-Änderungen, in den neuen Bibelübersetzungen (z.B. Gute Nachrichten, Hoffnung für Alle, Luther 2017) die Passage des vorausgesetzten Glaubens zur Taufe in Apostelgeschichte 8,37 einfach ersatzlos gestrichen wurde, sollte ernsthaft zu denken geben (Info).
Kleinkinder „wissen“ um ihre Abhängigkeit
Der Theologe fasste es in seiner Antwort zusammen. Demnach haben Kleinkinder „ein Gespür für ihre Abhängigkeit“ und daher „wissen“ sie, dass sie allein und ohne Hilfe nicht existieren können. Dies stehe dem Glauben sehr nahe, der sagt: „Ich bin nicht aus mir allein das, was ich bin. Ich habe mich nicht selbst erschaffen, sondern ich bin Geschöpf. Ich brauche die Gnade Gottes, um leben zu können.“
Dies könnte, so sicher ist sich dieser Experte nicht, vielleicht in die Richtung gehen, wie es die Verse Markus 10,14-15 aussagen. Die Aussage könnte daher lauten: „Kinder haben’s begriffen, dass sie nicht aus sich selbst existieren. Darum gehört ihnen das Reich Gottes.„
Auf eine solche Argumentation muss man erst einmal kommen. Ein Säugling sei sich seiner selbst bewusst, spüre seine Abhängigkeit und wisse daher, dass er auf Hilfe angewiesen ist. Offenbar war dies dem Theologen selbst ein wenig zu schwammig, denn immerhin nannte er dies nicht als diesen erforderlichen Glauben, sondern eine Annäherung daran. Aber knapp daneben ist auch daneben. Und ähnlich ist nicht identisch.
Einfacher Selbstversuch
Wer möchte, der kann mal versuchen, sich an die Ereignisse seines völlig bewusst erlebten ersten Lebensjahres zu erinnern. Wie oft hatte man sich als Säugling und Kleinkind gedacht, dass man doch lieber ein Stück Apfel anstatt ein Stück Birne gelutscht, doch lieber den Latz mit Micky Maus anstatt mit Donald Duck getragen hätte? Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern? Macht nichts, denn ganz bestimmt wusste man als Säugling in Abwägung des eigenen Alters über die eigene Bedürftigkeit gut Bescheid. Das gilt für den Bedarf des gefüttert werdens ebenso, wie für den möglichst frühen Beginn einer Kapital-Lebenssversicherung. Diese Lage förderte sicherlich auch den festen Glauben daran, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, ans Kreuz gebracht, gestorben, am dritten Tag auferstanden und nach weiteren 40 Tagen in den Himmel gefahren ist, und seither zur rechten Gottes sitzt und als unser aller Hohepriester und Fürsprecher ist.
Die heute nicht mehr vorhandene Erinnerung an diesen festsitzenden Glauben im Säuglingsalter, könnte schließlich mit dem als Taufe deklariertem Ritual anhand von einigen Wassertropfen auf Stirn und Kopf einfach weggewaschen worden sein (Info). Gemäß der ehemaligen Ratsvorsitzenden der EKD, Annette Kurschus, habe der Mensch nach der Taufe ohnehin schon das Ticket ins Himmelsreich sicher in der Tasche (Info).
Dennoch sehr aufschlussreich
Warum also sagte Jesus Christus, dass den Kindern das Reich Gottes gehört? Hat sich der Theologe, sofern dieser tatsächlich der protestantischen Erkenntnis des Evangeliums Folge leistet, nicht überlegt, ob es daran liegen könnte, dass Kinder im Säuglingsalter keinerlei Schuld haben, bzw. ohne Sünde sind? Falls sich dieser Theologe in der Position als Vertreter einer Tochter der etwas über Erbsünde fabulierenden römischen Mutter-Kirche sieht, dann wären seine Erzählungen nachvollziehbar, aber dennoch vollkommen falsch (Info).
Diese irreführende Antwort des Vertreters der einstigen protestantischen Kirchen war dennoch sehr erhellend zu deren tatsächlichen Position zum Evangelium. Der offizielle Protestantismus ist längst zu Grabe getragen worden und die größten Unterstützer und Grabstein-Errichter kommen in diesen Institutionen eben heute zu Wort (Info).
Denn das weiß ich, daß nach meinem Abschied räuberische Wölfe zu euch hineinkommen werden, die die Herde nicht schonen;
Apostelgeschichte 20,29
Bibelverse aus Schlachter 2000