Der Ball um das anvisierte „Ehrenoberhaupt“ des Papstes für alle Kirchen wird relativ flach gehalten. Evangelische Stimmen sind sichtlich darum bemüht, anhand von Alibi-Argumenten den Anschein zu wahren.
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Ehrenoberhaupt mit (Pseudo-)Skepsis betrachtet
Der von Papst Franziskus in aller „Demut“ schriftlich geäußerte Vorschlag, ihn von allen (Teil-)Kirchen gemeinsam als Ehrenoberhaupt anzuerkennen, hat hohe Wellen geschlagen. Die Wogen sind noch längst nicht geglättet, auch wenn hierzu der Medienrummel ausbleibt. Die (einst) protestantischen Kirchen scheinen die Anerkennung des Pontifex Maximus als Ehrenoberhaupt noch skeptisch zu betrachten. Es liegen immerhin zwischen den „Reform-Kirchen“ und der römisch-katholischen Kirche noch Meinungsverschiedenheiten und gravierende Unterschiede zu den vertretenen Lehren vor.
Der Chefredakteur des evangelischen Online-Magazins „Sonntagsblatt“, Helmut Frank, hinterfragt, ob sich die Protestanten auf den Vorschlag des Papstes einlassen sollten und ob die Reformation damit beendet wäre (Quelle).
Fürsprecher sind bedeutend lauter
Wer sich den Papst sehr gut als Ehrenoberhaupt vorstellen könnte, ist der ehemalige bayerische Landesbischof und derzeit Vorsitzender des Weltkirchenrats, Heinrich Bedford-Strohm. Dass er, so könnte man beinahe unterstellen, Feuer und Flamme für den Papst als „ehrenhafter Oberste“ der evangelischen Kirchen sein würde, wäre keine Überraschung. Bedford-Strohm kann es ohnehin nicht mehr erwarten, zusammen mit der Kirche Roms gemeinsam die Eucharistie zu feiern (Info).
Der Weltkirchenrats-Vorsitzende sähe im Papst eine notwendige Stimme für den „massiven Orientierungsbedarf“ mit der erforderlichen medialen Aufmerksamkeit. Für den Chefredakteur des evangelischen Magazins sei dies sogar plausibel, da das Christentum an Bedeutung verliere, weil es mit zahlreicher Stimme spreche.
Ein weiterer Fürsprecher eines Papstes als zentrale Stimme für alle Kirchen war bereits der ehemalige Landesbischof Johannes Friedrich. Er sprach von einem von den Ökumene-Teilnehmern akzeptierten „Sprecher der Weltchristenheit“.
Es fehlt an Frauen
Es sei kein Verrat an der Reformation, wenn Protestanten über das Papstamt nachdenken, so der Chefredakteur. In seinem Selbstverständnis müsste sich das Papstamt jedoch grundlegend ändern und somit auch die römische Kirche. Die Trennung zwischen Katholiken und den Protestanten erfolge hauptsächlich durch das katholische Verständnis der Kirche als eine „hierarchische und männerdominierte Institution“ und weniger durch das Papsttum.
Weiterer „Wunsch“ der evangelischen Kirchen ist die Aufhebung der Exkommunikation Martin Luthers vom 03. Januar 1521. Ein Ende der Reformation wäre dies nicht, denn der beständige Auftrag der Reformation bestehe in der Besinnung auf Jesus Christus als ihr wahres Oberhaupt.
Trennungsgründe bleiben unerwähnt
Erstaunlich, welche Prioritäten gesetzt werden, was die Gründe für die Abtrennung („Revolution“) von der römisch-katholischen Kirche betrifft. Es fehlte an Frauen, so die Erwähnung des Chefredakteurs vom evangelischen Online-Magazins. Kein Wort über die Rechtfertigung des Menschen (Info), kein Wort über den Unterschied zwischen biblischen Abendmahl und katholischer Eucharistie, kein Wort über die katholischen Sonderlehren wie Mariä Himmelfahrt, Fegefeuer und (natürlich) Ablässe.
Ebenso erwähnte der Chefredakteur auch nicht die Absonderlichkeit der katholischen Priesterschaft, Sünden vergeben zu können. Die Abweichungen der Lehren der römisch-katholischen Kirche vom Evangelium sind gravierend (Info).
Naiv kindlicher Wunsch
Die Kirche Roms sieht alle Teilkirchen als ihre Töchter an, sie selbst ist die Mutter. Entsprechend „artikuliert“ auch der Chefredakteur zur Erinnerung an die Aufhebung der Exkommunikation Martin Luthers. Das stehe auf dem „Wunschzettel“ der evangelischen Kirchen. Eben ein solcher „Wunschzettel“, wie dieser von einem Kind kurz vor Weihnachten geschrieben wird. Töchter dürfen wünschen, aber nicht fordern. Ein ziemlich naiver Wunsch.
Papst Leo X exkommunizierte Martin Luther anhand der Bulle „Decet Romanum Pontificem“. Ein Schritt, den die römisch-katholische Kirche niemals zurücknehmen wird. Die Gründe liegen auf der Hand. Luther wurde wegen seiner Abweichungen von den kirchlichen Dogmen als Ketzer gebrandmarkt. Die seither einzigen Änderungen seitens der römischen Kirche betrafen lediglich Erweiterungen und die Dogmatisierung bisheriger Traditionen, nicht aber eine Abkehr von bisherigen Lehren um auch nur einen Millimeter.
Der damalige Grund ist Historie und diese ist unveränderlich. Es gibt überhaupt keinen Anlass, die Exkommunikation aufzuheben. Man wolle für die Ökumene ohnehin nur nach vorne blicken. Rein formal ist der Kirchenausschluss ohnehin mit dem Tod Luthers beendet worden. Für somit eine rein symbolische Rücknahme, wird sich die „Mutter aller Kirchen“ sicher nicht „selbst erniedrigen“.
Reiner Alibi-Kommentar
Dieser vom Chefredakteur abgegebene Kommentar ist lediglich eine Alibi-Stellungnahme. Der Zug ist längst abgefahren. Rom, die schnaubende Zugmaschine, und die heruntergekommenen Wagons im Schlepptau. Das gleiche gefahrene Gleis mit dem gleichen Ziel. Der Protest seitens der Kirchen, die noch immer Martin Luther für ihre Zwecke missbrauchen, ist längst verstummt (Info). Was als anhaltende Reformation beschrieben wird, betrifft lediglich die Rolle rückwärts, zurück zur Mutter. Ohne eigene Stimme, voll damit ausgelastet, den Anschein zu bewahren.
Und das Tier wurde ergriffen und mit diesem der falsche Prophet, der die Zeichen vor ihm tat, durch welche er die verführte, die das Malzeichen des Tieres annahmen, und die sein Bild anbeteten; die beiden wurden lebendig in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt.
Offenbarung 19,20
Bibelverse aus Schlachter 2000