Wer war Maria Magdalena und welche Rolle spielte sie gemäß dem Evangelium? Ein interessierter Leser wollte nur wissen, wo diese Figur in der Bibel auftaucht. Ein „Experte“ der evangelischen Kirche antwortete. Das Dilemma: die Antwort ging weit über die Frage hinaus. Es kommt sogar zu einer Liebesbeziehung mit Jesus Christus.
Inhalt / Content
- 1 Wo überall ist Maria Magdalena zu finden?
- 2 Die genannten Bibelstellen
- 3 Über die Frage hinaus
- 4 Eine gewichtige Ungenauigkeit
- 5 Maria Magdalena sei unterbewertet
- 6 Ein Wegweiser ins Dickicht
- 7 Maria Magdalena – Geliebte Jesu?
- 8 Maria taucht tatsächlich früh auf
- 9 Die vom „Experten“ empfohlenen Schriften
- 10 „Theologische Unlogik“
- 11 Derlei Antworten sind zu erwarten
- 12 Fragesteller sehr fahrlässig
Wo überall ist Maria Magdalena zu finden?
Ein interessierter Leser wandte sich zu den „Experten“ der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und wollte wissen, in welchen Bibelstellen Maria Magdalena vorkomme. Damit handelte es sich um eine unkomplizierte wie auch simple Frage.
Die entsprechende Antwort des „EKD-Experten“ über das mediale Sprachrohr der EKD zeigt als Titelbild eines der katholischen bzw. koptischen Varianten einer Jesus-Abbildung mit Heiligen-Schein („Sonnenscheibe“) hinter dem Kopf und das Gleiche für die Frau, die den durch Kreuzigung gestorbenen Jesus festhält (Quelle).
Die genannten Bibelstellen
Der „Experte“ weiß Antwort im Bezug zu den in der Bibel auftauchenden Stellen, die Maria Magdalena (bzw. Maria aus Magdala) beschreiben bzw. erwähnen. Diese Stellen sind:
Matthäus 27,56:
„unter ihnen waren Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus und Joses, und die Mutter der Söhne des Zebedäus.“
Parallelstellen zu diesem Ereignis bei der Kreuzigung Jesu sind: Markus 15,40, Lukas 23,49 und Johannes 27,61.
Matthäus 27,61:
„Es waren aber dort Maria Magdalena und die andere Maria, die saßen dem Grab gegenüber.“
Parallelstellen zum Ereignis der Grablegung Jesu Christi sind Markus 15,47 und Lukas 23,55.
Matthäus 28,1:
„Nach dem Sabbat aber, als der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria Magdalena und die andere Maria, um das Grab zu besehen.“
Parallelstellen zur Szene des leeren Grabes sind Markus 25,47, Lukas 24,1 und hier gesondert betont Johannes 20,1:
„Am ersten Tag der Woche aber kommt Maria Magdalena früh, als es noch finster war, zum Grab und sieht, daß der Stein von dem Grab hinweggenommen war.“
Dieser Vers widerspricht vor allem der weit verbreiteten These, Jesus Christus sei am „Sonntag kurz nach Sonnenaufgang auferstanden“. Diese Behauptung wäre mit diesem Vers widerlegt.
Weitere Bibelstellen, in denen Maria Magdalena genannt wird, sind Markus 16,9, Lukas 24,10 und Lukas 8,2.
Über die Frage hinaus
Damit wäre die Frage beantwortet und man wünschte sich, der „Experte“ hätte damit seine Antwort abgeschlossen. Aber weit gefehlt. Er holt aus:
Der „Experte“ mutmaßt, dass Maria Magdalena bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein Mitglied der Nachfolger Jesu gewesen sei, bereits seit Galiläa. Die Begründung für diese Annahme sei in Apostelgeschichte 1,14 zu finden:
„Diese alle blieben beständig und einmütig im Gebet und Flehen, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern.“
Das beschreibt die Szene, nachdem Jesus Christus in den Himmel aufgefahren ist, die Apostel nach Jerusalem zurückgekehrt sind und sich dort in einem Gebäude versammelten. Ein Zusammenhang mit dem Zeitpunkt, ab dem auch Maria Magdalena mit Jesus Christus zog, lässt sich hier nicht ableiten.
Eine gewichtige Ungenauigkeit
Durchaus richtig ist der Hinweis, dass es sich mit der Frau, die Jesus Christus gemäß Lukas 7,37 aufsuchte, nicht Maria Magdalena war. Diese Frau wird an dieser Stelle als eine Sünderin genannt. Allerdings, und das ist sehr auffällig, beschreibt der „Experte“ zu dieser Stelle eine Frau, die Jesus Christus die Füße wusch. Das ist falsch. Sie brachte eine Flasche Salböl mit, um Jesus Christus die Füße zu salben. Lukas 7,36-38:
„Es bat ihn aber einer der Pharisäer, mit ihm zu essen. Und er ging in das Haus des Pharisäers und setzte sich zu Tisch. Und siehe, eine Frau war in der Stadt, die war eine Sünderin; als sie hörte, daß er in dem Haus des Pharisäers zu Gast war, da brachte sie ein Alabasterfläschchen voll Salböl, und sie trat hinten zu seinen Füßen, weinte und fing an, seine Füße mit Tränen zu benetzen; und sie trocknete sie mit den Haaren ihres Hauptes, küßte seine Füße und salbte sie mit der Salbe.„
Der Aspekt der Fußwaschung ist ein völlig anderer als der Aspekt der Fußsalbung. Beide haben jeweils eine wichtige, aber separate Bedeutung. Die Waschung bedeutet die Vergebung der Vergehen seines Nächsten. Die Salbung ist eine Huldigung. Damit habe diese Frau, eine Sünderin, die Verfehlungen Jesu verziehen (Blasphemie). Da diese „Ungenauigkeit“ auch aus anderen Mündern zu hören und auch immer wieder zu lesen ist, kann man bereits von einer „gepflegt praktizierten Irreführung“ sprechen.
Dem Umstand, dass diese Frau irrtümlich mit Maria Magdalena in Verbindung gebracht wird, ist auch die irrige These geschuldet, dass es sich mit Maria Magdalena um eine Prostituierte handeln solle. In der Bibel wird Maria jedoch an keiner Stelle mit Prostitution in Verbindung gebracht.
Maria Magdalena sei unterbewertet
Der „Experte“ fühlt sich allerdings jenen zugehörig, die die Glaubwürdigkeit des Evangeliums, das niedergeschriebene Wort Gottes, ausmerzen wollen. Die Gleichsetzung Maria Magdalenas mit dieser „Sünderin“ „könnte ein Zeichen dafür sein, dass sie eher eine recht bedeutende Jüngerin Jesu war, deren Bedeutung man herunterspielen wollte“, so der „Experte“. Maria Magdalenas Nachfolgeschaft bereits zu Zeiten Galiläas verortet, setzt der „Experte“ auf weitere, „aus der Hüfte geschossene“ Hypothesen. Über den Konjunktiv und imaginäre Akteure kommt dieser „Experte der EKD“ nicht hinaus. Den Grund dafür liefert der evangelische „Fachmann“ auch selbst.
Ein Wegweiser ins Dickicht
Dem „Experten“ fällt nichts Besseres ein, als Apokryphen und gnostische Schriften heranzuziehen, um Maria Magdalena eine vermeintlich weitaus wichtiger Rolle zuzuschreiben, als es das kanonische Evangelium vermag. Hierzu dienten die Schriften Evangelium nach Maria, Sophia Jesu Christi, Evangelium nach Philippus, Pistis Sophia und Evangelium nach Thomas.
Diese Schriften berichteten demnach von Konflikten zwischen Maria Magdalena und Petrus. Und wieder wartet der „Experte“ mit einer „ex temporalen“ Hypothese im Konjunktiv auf, indem er diesen Umstand als einen möglichen Beleg für die Ausblendung Marias von der „vorherrschenden christlichen Tradition“, bis zu dem Punkt, als Maria Magdalena zu einer Prostituierten gemacht worden sein.
Maria Magdalena – Geliebte Jesu?
Wäre der „Experte“ auch nur im Ansatz genau, hätte er von einer „vorherrschenden katholischen Tradition“ geschrieben. Doch das scheint gar nicht seine Absicht zu sein. Im Gegenteil. Vielmehr liegt dem „Experten“ daran, den interessierten Fragesteller anhand von weitaus Schlimmeres als nur zweifelhaften Schriften in das hoffnungslose Dickicht zu führen. Er setzt sogar noch einen darauf. Denn diese Schriften belegten „die Tendenz“, dass Maria Magdalena eine Geliebte oder Partnerin Jesu gewesen sei. Damit wäre auch schon das Motiv gefunden, Maria Magdalena in ihrer Bedeutung als Jüngerin zu schwächen. Auch hier hält sich der „Experte“ am rhetorischen Rettungsanker der genannten Vermutung fest.
Maria taucht tatsächlich früh auf
Jesus wurde im Fluss Jordan getauft. Im Anschluss war Er für 40 Tage in der Wüste beim Fasten. Schon der nächste Schritt war Sein erstes Wirken in Galiläa. Mit Galiläa handelt es sich um ein Gebiet in Nordisrael. Im Norden Galiläas befindet sich die Grenze zum Libanon und im Süden findet sich die Stadt Nazareth.
In Lukas, Kapitel 7 ist beschrieben, wie Jesus Christus in Kapernaum wirkte. Maria Magdalena wird im Lukas-Evangelium erstmalig in Kapitel 8, Vers 2 erwähnt (wegen Kontext auch Vers 1):
„Und es geschah danach, daß er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf zog, wobei er das Evangelium vom Reich Gottes verkündigte; und die Zwölf waren mit ihm, und auch etliche Frauen, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt Magdalena, von der sieben Dämonen ausgefahren waren,„
Anhand dieser Stelle lässt sich durchaus mutmaßen, dass Maria Magdalena bereits seit Galiläa ein Teil Jesu Christi Gefolgschaft gewesen ist.
Die vom „Experten“ empfohlenen Schriften
Der „EKD-Medienbeauftragte“ empfiehlt den interessierten Lesern eine ganze Reihe von außerbiblischen Schriften. Die darin enthaltenen Aussagen stuft der „Experte“ offensichtlich als wichtig ein, denn damit begründet er immerhin die große Wahrscheinlichkeit einer Liebesbeziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena. Doch diese Schriften haben es durchaus mit Berechtigung nicht in den Kanon der heutigen Bibel geschafft. Das wäre zudem in Teilen gar nicht zu einem frühen Zeitpunkt möglich gewesen, sondern erst ab Mitte des 20ten Jahrhunderts.
Gnostizismus – Evangelium der Maria
Mit der vom „Experten“ empfohlenen Schrift „Evangelium der Maria“ handelt es sich um gnostische Philosophie, vermischt mit den Handlungen der Berichte in den vier Evangelien. Diese Schrift wird zurückdatiert auf ungefähr 150 n.Chr. Es liegt auf der Hand, dass nicht Maria Magdalena die Autorin gewesen sein kann, die ab rund 27 n.Chr. zusammen mit Jesus Christus zog. Das „Maria-Evangelium“ verwendet zwar das griechische Alphabet, aber die Sprache ist in Sahidisch, ein koptischer Dialekt.
Gnostizismus – Evangelium von Philippus
Das „Evangelium von Philippus“ ist ein Auszug des Zweiten Codex der Nag-Hammadi-Schriften. Erstmals aufgetaucht nach einer Entdeckung im Jahr 1945. Als Zeitraum der Niederschrift gilt heute das 1te bis 4te Jahrhundert nach Christus. Außerdem erscheint es als eine Übertreibung, von einem Evangelium zu sprechen, da der Inhalt einer Aneinanderreihung von Sprüchen gleicht. Also ähnlich den Tagessprüchen eines Abriss-Kalenders.
Gnostizismus – Evangelium von Thomas
Ähnlich wie bei den vermeintlich von Philippus geschriebenen Zeilen handelt es sich auch mit dem „Evangelium von Thomas“ um einen Bestandteil der erst im Jahr 1945 gefundenen Nag-Hammadi-Schriften. Auch die Struktur gleicht eher einer Sammlung von „schlauen“ Sprüchen als einem Evangelium mit der Botschaft Gottes.
Gnostizismus – Sophia Jesu Christi
Die vom „Experten“ empfohlene Schrift „Sophia Jesu Christi“ (Sophia – Weisheit) ist ein Auszug aus Nag-Hammadi. Inhaltlich behandelt diese Schrift eine Überarbeitung des Eugnostosbriefes. Der Autor, wer auch immer dies gewesen sein mag, setzte christliche Aspekte hinzu und gestaltete den Brief zu einem Dialog zwischen Jesus Christus und seinen Jüngern um.
Gnostizismus – Pistis Sophia
In der Tat handelt es sich mit „Pistis Sophia“ um eines der wichtigsten Schriften. Allerdings nicht für das Christentum, sondern für koptische Gnostiker. Auch hier wird Jesus Christus als ein Lehrherr „weiser Regeln“ dargestellt, die er seinen Jüngern vermittelt. Der „Werdegang“ von Pistis Sophia ist spannend.
Diese Schrift basiert auf dem Codex Askewianus, gemäß dem britischen Büchersammler Anthony Askew. Formuliert Ende des 18ten Jahrhunderts. Der Erfinder der Bezeichnung Pistis Sophia war Karl Gottfried Woide (1725-1790). Woide bestimmte als Autor dieser altertümlichen Schrift den christlich-gnostischen Lehrer Valentinus. Er wurde geboren, um 100 n.Chr. in der Nähe von Alexandria, lebte und lehrte in Ägypten und reiste schließlich nach Rom. Dort war er mit Genehmigung des Bischofs von Rom, Anicetus, als theologischer Lehrer tätig. Final zog er nach Zypern und starb im Jahr 170.
„Theologische Unlogik“
Die Experten-Empfehlung betrifft erst im Jahr 1945 entdeckte Schriften. Diese sollen gemäß seiner Philosophie mindestens die Gleichwertigkeit der in der Bibel enthaltenen Schriften aufweisen. Hier stellte sich die Frage, ob Gott nicht in der Lage sei, Sein an die Menschheit gegebenes Wort zu bewahren und diese Wahrheit auch „rechtzeitig“ zugänglich zu machen? Für Jahrhunderte versperrte die römisch-katholische Kirche den Menschen die Wahrheit des Evangeliums. Erst mit der Reformation und den erfolgten Bibelübersetzungen und auch dank des Buchdrucks erhielt die Bibel eine erstmalig weite Verbreitung. Sie war auch relativ kostengünstig gegenüber den immens teuren Hand-Abschriften früherer Zeiten.
Folgte man der Logik dieses „Experten“, dann habe Gott sich überaus viel Zeit gelassen, um den Menschen die „ganze Wahrheit“ zukommen zu lassen, indem die Entdeckung erst im Jahr 1945 erfolgte. Diese Merkwürdigkeit beträfe auch den ominösen Textus Sinaiticus. Schriften, die im Jahr 1844 am Berg Sinai wie durch Zufall in einer Mülltonne in einem Kloster entdeckt wurden. Ausgerechnet diesem Text wird bei den heutigen ebenso ominösen Bibelausgaben gemäß den Zusammenstellungen von Nestle und Aland der Vorzug gegeben (Info).
Jesus Christus und eine Geliebte? Tatsächlich ist diese Idee nicht neu. Immerhin hat sich Hollywood diesem Thema angenommen und dieses Verhältnis in eines der zahlreichen Jesus-Filme installiert (z.B. „Die letzte Versuchung Christi“, 1988). Eine außereheliche sexuelle Beziehung ist seit dem Auszug Israels aus Ägypten ein Tabu, da Sünde, und auch schriftlich festgehalten. Das Evangelium weiß nichts von einer Hochzeit Jesu Christi mit Maria Magdalena. Jesus Christus war ohne Sünde. Ergo: „netter Versuch“, Unsinn zur Akte gelegt, Thema beendet.
Derlei Antworten sind zu erwarten
Wüsste man nicht über den rasanten Abfall des Protestantismus und den vertretenen Lehren dessen „Theologen“ seit Beginn des 19ten Jahrhunderts, und dem dazu noch rasant beschleunigten Niedergang angesichts des verbreiteten Spiritismus, würde man sich direkt fragen, was denn in diesem „Experten“ eingefahren sei. Er scheint von dem „einen guten Geist“ völlig verlassen zu sein, ansonsten wäre er gar nicht in der Lage, ohne schlechtes Gewissen derart Evangelium-ferne Geschichten zu erzählen.
Da aber der exponentiell beschleunigte Abfall dieser Kirche und deren gewichtigen Vertreter und Sprachrohre allgemein hin sichtbar und daher leicht zu erkennen ist, wäre die Erwartung einer dem Evangelium entsprechende Antwort eine echte Überraschung. Wie auch der „Experte“ so auch viele weitere „Theologen“, vor allem mit einem Lehrstuhl, die überhaupt keinen Glauben mehr aufweisen. Null, nichts davon.
Fragesteller sehr fahrlässig
An dieser Stelle wird auch ein weiteres Symptom sichtbar. Sollte der Fragesteller tatsächlich existieren und diese einfache Frage gestellt haben – soviel an Rest-Aufrichtigkeit des EKD-Mediums darf man noch voraussetzen – dann muss sich der Interessierte glatt an die eigene Nase fassen.
Warum derartige „Experten“ im Vertrauen von „Expertisen“ anfragen und nicht die Bibel selbst in die Hand nehmen und danach suchen? Die Online-Bibeln (Vorschlag) verfügen sogar über ganz bequeme Suchfunktionen. Einfach nur „Maria“ oder „Magdalena“ eingeben, und schon werden die passenden Stellen angezeigt. Die Frage wäre damit vollständig und vor allem wahrheitsgetreu beantwortet. Damit erschließt sich automatisch auch der Kontext und das Verständnis darüber, sofern über die gefundenen Stellen hinaus weiter gelesen wird.
und aller Verführung der Ungerechtigkeit bei denen, die verloren gehen, weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden können.
2. Thessalonicher 2,10