Freundschaft und Brüderlichkeit zwischen den Menschen sei ein von der Bibel viel beschriebenes Thema. Zahlreiche Verse deuteten auf die erstrebenswerte Brüderlichkeit zwischen allen Menschen hin. So zumindest suggeriert es eine Sammlung von Bibelversen seitens der evangelischen Kirche. Doch hierfür musste man mal wieder in die Trickkiste greifen.
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Missbrauch von Bibelversen
Die Bibel dient immer wieder der vermeintlichen Untermauerung von aufgestellten Thesen, Ansichtung und Hypothesen, die aber mit dem Evangelium nicht unter einen Hut zu bringen sind. Das gelingt jedoch nur, indem einzelne Verse verwendet werden, die aus dem Kontext gerissen sind, indem Verse bereits aus den sehr korrumpierten Bibel-Ausgaben verwendet werden, indem Verse gekürzt dargestellt werden und indem die Leser nicht selbst die Bibel in die Hand nehmen und diese Aussagen einfach überprüfen.
Willkürliche Verwendung von Vers-Bruchstücken
Das Online-Magazin der evangelischen Kirchen in Deutschland zeigt ein derartiges Beispiel auf. Der Leserschaft wird eine Sammlung von 10 Bibelversen präsentiert, die allesamt in den Kontext der Freundschaft zwischen Menschen gesetzt werden. „Die Bibel beleuchtet das Thema in allen Facetten“, so „evangelisch.de„. Von den in der Bibel enthaltenen Versen über die Freunschaft zwischen den Menschen wolle das Magazin nun die „schönsten Bibelverse“ zusammengestellt haben.
In diesem Fall stehen einige der präsentierten Verse durchaus im Kontext der Freundschaft, doch offensichtlich war es erforderlich, einige in einem völlig anderen Kontext stehende Verse zu missbrauchen, um auf eine höhere Anzahl zu kommen.
Vermeintliche Bibelverse über Freundschaft
Folgend sind aufgeführt die vom EV-Magazin in den Kontext der menschlichen Freundschaft gesetzten zitierten „schönsten“ Bibelverse. Im Anschluss der gleiche Bibelvers, jedoch vollständig und aus dem auf der ursprünglichen Grundtext „Textus Recptus“ (TR) basierenden Übersetzung „Schlachter 2000“.
Sprüche 18,24:
„Viele so genannte Freunde schaden dir nur, aber ein wirklicher Freund steht mehr zu dir als ein Bruder.“
Sprüche 18,24 (TR):
„Wer viele Gefährten hat, der wird daran zugrundegehen, aber es gibt einen Freund, der anhänglicher ist als ein Bruder.“
Dieser präsentierte Vers handelt tatsächlich über sog. Freunde, die zwar so genannt werden, aber dennoch völlig unzuverlässig sind sowie einem wahren Freund, auf den mehr Verlass sein kann, als auf den eigenen Bruder.
Hoheslied 2,3:
„Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so ist mein Freund unter den Jünglingen.“
Hoheslied 2,3 (TR):
„Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, so ist mein Geliebter unter den Söhnen! In seinem Schatten saß ich so gern, und seine Frucht war meinem Gaumen süß.“
Hier ist der Vers völlig aus dem Kontext gerissen. Es handelt sich im Zusammenhang nicht um die Freundschaft zwischen Menschen, sondern um das sehnsüchte Warten der Braut auf ihren Bräutigam. Eindeutig ist hier im übertragenen Sinne die Gemeinde Gottes gemeint (Braut), die auf ihren Bräutigam (Jesus Christus) wartet. Diese Darstellung zwischen Jesus Christus und Seinem Volk als Braut und Bräutigam ist im Evangelium vielfach beschrieben.
Hoheslied 2,2:
„Wie eine Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Mädchen.“
Hoheslied 2,2 (TR):
„Wie eine Lilie unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Töchtern!“
Zischen „Mädchen“ und „Töchtern“ liegt schon beim ersten Blick ein Unterschied. Wie im vorangegangenen Vers beziehen sich die Töchter (nicht Mädchen) auf die Gemeinschaft innerhalb des Volkes Gottes (die Braut). Die Angesprochene Freundin gehört zu diesem Volk Gottes.
Epheser 4,32:
„Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“
Epheser 4,32 (TR):
„Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig und vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“
Dieser Aufruf gilt der Gemeinde in Ephesus, also den Menschen, die sich bereit erklären, Jesus Christus nachfolgen zu wollen. Das einfache Bekenntnis reicht aber nicht aus, sondern eine ganze Reihe von Maßnahmen, welche die wahre Nachfolgeschaft Jesu belegten. Die gegenseitige Barmherzigkeit innerhalb dieser Gemeinde ist ein Teil davon.
Sprüche 19,22:
„Ein gütiger Mensch ist der Liebe wert.“
Sprüche 19,22 (TR):
„Die Zierde des Menschen ist seine Güte, und ein Armer ist besser als ein Mann, der betrügt.“
Das Wort „Liebe“ taucht gar nicht auf. Hinzu kommt der um mehr als die Hälfte gekürzter Vers. Die richtige Aussage erklärt sich von selbst.
Römer 12,10:
„Lasst im Umgang miteinander Herzlichkeit und geschwisterliche Liebe zum Ausdruck kommen. Übertrefft euch gegenseitig darin, einander Achtung zu erweisen.“
Römer 12,10 (TR):
„In der Bruderliebe seid herzlich gegeneinander; in der Ehrerbietung komme einer dem anderen zuvor!“
Inhaltlich stimmt der präsentierte Vers mit der tatsächlichen Aussage überein. Doch steht auch dieser Vers im Kontext der christlichen Gemeinde, die Gemeinde in Rom, in der Nachfolgeschaft Jesu. Das zeigt bereits der unmittelbar nachfolgende Vers: „Im Eifer laßt nicht nach, seid brennend im Geist, dient dem Herrn!“
Prediger 4,9-10:
„So ist’s ja besser zu zweien als allein; denn sie haben guten Lohn für ihre Mühe. Fällt einer von ihnen, so hilft ihm sein Gesell auf. Weh dem, der allein ist, wenn er fällt! Dann ist kein anderer da, der ihm aufhilft.“
Prediger 4,9-10 (TR):
„Es ist besser, daß man zu zweit ist als allein, denn die beiden haben einen guten Lohn für ihre Mühe. Denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem anderen auf; wehe aber dem, der allein ist, wenn er fällt und kein zweiter da ist, um ihn aufzurichten!“
Dieser präsentierte Vers steht durchaus im Kontext der zwischenmenschlichen Beziehung, ist aber nicht exklusiv der Freundschaft vorbehalten. Gemäß „Liebe deinen Nächsten“ steht ein jeder Mensch für den anderen händereichend zur Stelle.
Sprüche 17,9:
„Wer Verfehlung zudeckt, stiftet Freundschaft; wer aber eine Sache aufrührt, der macht Freunde uneins.“
Sprüche 17,9 (TR):
„Wer Liebe sucht, deckt die Verfehlung zu, wer aber eine Sache weitererzählt, trennt vertraute Freunde.“
Die „gestiftete Freundschaft“ und die „gesuchte Liebe“ stehen hier beide im gleichen Kontext.
Sprüche 27,9:
„Salböl und Weihrauch erfreuen das Herz, die Herzlichkeit eines Freundes erfreut mehr als duftendes Holz.“
Sprüche 27,9 (TR):
„Öl und Räucherwerk erfreuen das Herz, so auch die süße Rede eines Freundes aus dem Rat seiner Seele.“
Das „duftende Holz“ und der „Rat seiner Seele“ sind zwar durchaus zwei unterschiedliche Dinge, vermitteln aber hier die gleiche Botschaft.
Hiob 2,11:
„Als aber die drei Freunde Hiobs all das Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, ein jeder aus seinem Ort… Denn sie waren eins geworden hinzugehen, um ihn zu beklagen und zu trösten.“
Hiob 2,11 (TR):
„Als aber die drei Freunde Hiobs von all diesem Unglück hörten, das über ihn gekommen war, kamen sie, jeder von seinem Ort, nämlich Eliphas, der Temaniter, und Bildad, der Schuchiter, und Zophar, der Naamatiter; diese verabredeten sich, miteinander hinzugehen, um ihm ihr Beileid zu bezeugen und ihn zu trösten.“
Der präsentierte Vers und die „Einigkeit“ dieser drei Freunde („sie waren eins geworden“) hat das Potenzial, als eine in Brüderlichkeit „vereinigte“ Menschheit interpretiert zu werden, anstatt die Hervorhebung des rein räumlichen Apsekts. Denn im Trost Spenden waren sich die drei Freunde nicht derart einig, um sie als „Eins“ definieren zu können.
Der wahre Kontext wird unterdrückt
Während das evangelische Magazin mit ihrer exklusiven Wahl der Verse das Gewicht der Freundschaft zwischen den Menschen künstlich anhebt, geht die eigentliche Botschaft einzelner Verse gänzlich unter. Von einem dem Heidentum gegenüber stehenden Volk Gottes ist nichtmal im Ansatz etwas übrig geblieben, geschweige angesprochen worden.
Das Motiv dahinter ist klar. Die Menschheit soll in einer innigen, brüderlichen Familie vereint werden. Ein jeder Mensch müsse „inklusiv“ denken und handeln. Keine Trennung, sondern eine Vereinigung der Mesnchheitsfamilie, so die Agenda. Was sagt aber nun das Evangelium zu so einer „trauten Innigkeit“ aller Menschen, jeglicher Religion und Weltanschauung? Jesus Christus sagte in Matthäus 10,34:
„Ihr sollt nicht meinen, daß ich gekommen sei, Frieden auf die Erde zu bringen. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert!“
Jesus Christus spricht hier von Trennung zwischen den Menschen, also dem Volk Gottes und dem Heidentum und Gottlosen.
Offenbarung 18,4:
„Geht hinaus aus ihr, mein Volk, damit ihr nicht ihrer Sünden teilhaftig werdet und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt!“
Hier ruft „die laute Stimme aus dem Himmel“ die Menschen dazu auf, Babylon zu verlassen, also keine Gemeinschaft mit ihr zu haben.
Esra 10,11:
„So legt nun dem Herrn, dem Gott eurer Väter, ein Bekenntnis ab und tut, was ihm wohlgefällig ist, und sondert euch ab von den Völkern des Landes und von den fremden Frauen!“
Fremde Frauen sind falsche Religionen der Heiden. Auch hier eindeutig der Aufruf, keine Gemeinschaft, geschweige Freundschaft mit diesen Völkern zu pflegen.
2. Korinther 6,16-18:
„Wie stimmt der Tempel Gottes mit Götzenbildern überein? Denn ihr seid ein Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: »Ich will in ihnen wohnen und unter ihnen wandeln und will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein«. Darum geht hinaus von ihnen und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt nichts Unreines an! Und ich will euch aufnehmen, und ich will euch ein Vater sein, und ihr sollt mir Söhne und Töchter sein, spricht der Herr, der Allmächtige.“
Die wohl klarste Stelle in der Bibel zur Absonderung ist der Aufruf Paulus‘ an die Gemeinde in Korinth. Petrus hob die Abgesondertheit des Volkes Gottes (Gesetzestreu und Zeugnis Jesu) hervor, wie es bereits in Psalm 135,4 und Titus 2,14 beschrieben steht, so in 1. Petrus 2,9:
„Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein Volk des Eigentums, damit ihr die Tugenden dessen verkündet, der euch aus der Finsternis berufen hat zu seinem wunderbaren Licht“.
Exklusivität statt Inklusivität
Von einem „versöhnten Einheitsbrei“ in Ausübung einer „Alternativ-Religion“ ist hier keinerlei Sprache. Jegliche Aufrufe, sich mit allen möglichen Religionsgemeinschaften zusammenzuschließen, mit ihnen Freundschaft zu pflegen und ökumenische „Gottesdienste“ abzuhalten, sind exakt das Gegenteil dessen, was Gottes Wille ist und wie dies im Evangelium beschrieben steht.
Natürlich ist die Freundschaft zwischen den Menschen sehr erstrebenswert. Alleine das Gebot der Nächstenliebe verbietet es, einem anderen Menschen Schaden zuzufügen. Aber diese vorangetriebene Vereinigung zu einer global verbrüderlichten Familie hat die gemeinsame Rebellion gegen Gott zum Ziel. Doch dieses angestrebte Ziel wird ohnehin final nie erreicht werden.
Jeder ist sich selbst verantwortlich
Um den „Geheimnissen“ derart präsentierter Vers-Fetzen auf die Spur zu kommen, hilft lediglich die Eigeninitiative für das selbstständige Lesen der Bibel. Derartige Verse müssen immer im Kontext gelesen werden. Nur auf diesem Weg ist die „Missinterpretation“ zugunsten einer Agenda Dritter als solche zu erkennen. Am Ende muss jeder individuell und nicht „inkludiert“ in einem formlosen Kollektiv Rechenschaft ablegen. Jeder ist für sein Handeln selbst verantwortlich.
Bibelverse aus Schlachter 2000