Im eines der reichsten Länder der Welt wächst die Armut stetig weiter an. Rund ein jedes fünfte Kind ist inzwischen von der Armut betroffen. Trotz steigendes Bruttoinlandsprodukts und anhaltenden Handelsbilanzüberschüssen kommt bei den Menschen immer weniger von dem an, was sie selbst erwirtschaftet haben.
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Kinderarmut ist immer auch Elternarmut
Die Armut im eines der reichsten Länder der Erde wächst weiter an. Inzwischen ist von der ausweitenden Armut rund ein jedes fünfte Kind betroffen. Allerdings erscheint der Begriff „Kinderarmut“ ohnehin als ein Kunstgriff, da es im Bundesgebiet wohl kaum verarmte Kinder mit vermögenden Eltern geben wird. Wenn also von Kinderarmut die Sprache ist, dann sind automatisch verarmte Familien gemeint, egal ob alleinerziehend oder in Großfamilien.
Mit der neuen Studie „Factsheet Kinder- und Jugendarmut“ hat die Bertelsmann-Stiftung aktuelle Zahlen auf den Tisch gelegt. Demnach sind im Bundesgebiet fast 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche und von Armut betroffen. Bei den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren sind es rund 1,55 Millionen. Als arm zählen die Kinder, deren Eltern über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügen, bzw. Grundsicherungsleistungen erhalten.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert angesichts dieser Zahlen nun eine sofortige Anhebung der Grundsicherungsleistungen um mind. 200 Euro pro Monat. Der Verband spricht von einem Skandal, „dass in einem Land mit der weltweit viertstärksten Wirtschaftskraft mehr als jedes fünfte Kind in Armut lebe“. Mit Kinderarmut handelte es sich nicht um Schicksal, sondern um das Ergebnis politischer Unterlassungen über Jahrzehnte hinweg.
Reiches Land – Arme Leute (?)
In der Tat ist es immer wieder erstaunlich, dass in einem Land, welches der wirtschaftliche Dreh- und Angelpunkt Europas darstellt und über über viele Jahre hinweg den Titel „Export-Weltmeister“ trug, die Armut derartige Ausmaße annimmt. Das betrifft nicht nur die jungen Menschen, sondern das gesamte Altersspektrum hinweg. Ein „Lied davon singen“ können insbesondere die Menschen im Rentenalter. Nach einem Leben mit rund 40 Jahren Produktivität und Wertschöpfung werden diese mittels Hunger-Rente abgespeist. Der Generationsvertrag funktionierte nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen, und immer mehr Rentner auf immer wenige Einzahler, so der Mantra-Tenor.
Das erwirtschaftete Kapital der Produktiven wandert ab
Tatsächlich vollzog die sog. Sozialpolitik radikale Kahlschläge, ganz besonders vor gut 20 Jahren die politischen Entscheidungen zu den Stichwörtern Hartz IV (seit Beginn 2023 „Bürgergeld“) und Rentenreform. Aber waren es tatsächlich nur die für die (vergessliche) Wählerschaft sichtbaren politischen Entscheidungen, oder könnte da noch eine ganz andere Qualität dahinterstecken? Über Jahrzehnte hinweg mehr Waren und Dienstleistungen exportiert als importiert, dazu einer der effektivsten Produktivität weltweit. Es wurde als mehr produziert als verbraucht. Damit haben die Arbeitnehmer faktisch unter ihre Verhältnisse gelebt, auch wenn so manche motivierte Politiker und Ökonomen das glatte Gegenteil behaupteten.
Wertschöpfung wird direkt exportiert
Wenn das erwirtschaftete Vermögen nicht bei den Kindern, Eltern und Rentnern gelandet ist, dann muss es doch irgendwo eine Bleibe gefunden haben. Ein passendes Stichwort hierfür lautet „Auslandsvermögen„. Hier ist man weniger geneigt, dem Vorwurf des Paritätischen Verbandes zur „politischen Unterlassung“ beizustimmen, sondern eher dem Vorwurf „politischen Vorsatzes“.
Die Krisen bietet Wenigen eine Chance
Die Preisentwicklungen bei Nahrung und Energie in 2022 und voraussichtlich auch in 2023 sind ein Musterbeispiel für den Transfer des Geldes von Arm zu Reich. Während immer mehr Haushalte aufgrund der hohen Kosten kaum oder gar nicht mehr über die Runden kommen, fuhren die Nahrungsmittel- und Energiekonzerne einsame Rekordgewinne ein. Mehr als 80 Prozent davon wurden an die jeweiligen Aktionäre ausgeschüttet. Das ist ebenfalls ein sehr effektiver Weg des Kapital-Exports.